El­ter­li­che Sor­ge (Sor­ge­recht)

ak­tua­li­siert am 31.01.24        von Jen­ni­fer Reh, Prof. Dr. Eva Schu­mann       Fa­mi­li­en­recht, Ge­org-Au­gust-Uni­ver­si­tät Göt­tin­gen

Rundes Icon, das für den Inhaltsbereich "Trennung rechtlich durchdenken" steht. Gezeigt werden ein Mann und seine Tochter im Schulalter, die nah beieinander stehend auf ein Waage- und ein Paragraphensymbol blicken.

Was bedeutet elterliche Sorge und wem steht sie zu?

Ent­schei­dun­g in An­ge­le­gen­hei­ten des Kin­des

Die el­ter­li­che Sor­ge bein­hal­tet die Be­fug­nis, über die An­ge­le­gen­hei­ten des Kin­des zu ent­schei­den. Zur el­ter­li­chen Sor­ge ge­hö­ren die Per­so­nen­sor­ge, die Ver­mö­gens­sor­ge und die ge­setz­li­che Ver­tre­tung des Kin­des. Häu­fig wird vom „Sor­ge­recht“ ge­spro­chen. El­tern sind aber nicht nur be­rech­tigt, die el­ter­li­che Sor­ge aus­zuü­ben, son­dern auch da­zu ver­pflich­tet.

Per­so­nen­sor­ge

um­fasst al­le per­sön­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten des Kin­des, vor al­lem das Recht und die Pflicht, das Kind zu pfle­gen, zu er­zie­hen, zu be­auf­sich­ti­gen und sei­nen Auf­ent­halt zu be­stim­men (z. B. zu ent­schei­den, auf wel­che Schu­le das Kind geht)

Ver­mö­gens­sor­ge

um­fasst die Ver­wal­tung des Ver­mö­gens des Kin­des (z. B. Ent­schei­dun­gen über ein Spar­gut­ha­ben des Kin­des)

ge­setz­li­che Ver­tre­tung des Kin­des

be­rech­tigt die El­tern, für das Kind Rechts­hand­lun­gen vor­zu­neh­men (z. B. einen Rei­se­pass für das Kind zu be­an­tra­gen)

Ein Mann und eine Frau halten sich und ihre beiden Kinder in den Armen.

Die elterliche Sorge steht meist beiden Eltern gemeinsam zu

Die el­ter­li­che Sor­ge steht bei­den El­tern ei­nes Kin­des zu, wenn

  • sie mit­ein­an­der ver­hei­ra­tet sind
  • sie nicht mit­ein­an­der ver­hei­ra­tet sind, die ge­mein­sa­me Sor­ge aber durch die Ab­ga­be von Sorgeerklärungen oder ei­ne Ent­schei­dung des Fa­mi­li­en­ge­richts ent­stan­den ist (an­de­ren­falls steht der Mut­ter die el­ter­li­che Sor­ge al­lein zu)
  • sie bei nicht leib­li­chen El­tern durch Ad­op­ti­on oder Stief­kin­dad­op­ti­on her­bei­ge­führt wur­de

Bei der Aus­übung der el­ter­li­chen Sor­ge steht das Kin­des­wohl im Vor­der­grund und mit zu­neh­men­dem Al­ter und Rei­fe des Kin­des ist auch der Kin­des­wil­le mehr und mehr zu be­ach­ten. Als El­tern soll­ten Sie sich da­her nicht nur un­ter­ein­an­der ei­ni­gen, son­dern auch die Vor­stel­lun­gen Ih­res Kin­des be­rück­sich­ti­gen.

Was ändert sich im Falle einer Trennung bei der elterlichen Sorge?

Kei­ne Än­de­rung der el­ter­li­chen Sor­ge durch Tren­nung

Ei­ne Än­de­rung bei der el­ter­li­chen Sor­ge kann nur durch ei­ne Ent­schei­dung des Fa­mi­li­en­ge­richts her­bei­ge­führt wer­den. Sind bei­de El­tern sor­ge­be­rech­tigt, än­dert die Tren­nung hieran nichts. Viel­mehr be­steht die ge­mein­sa­me el­ter­li­che Sor­ge nach der Tren­nung fort. Da­her üben auch die meis­ten El­tern nach ei­ner Tren­nung die el­ter­li­che Sor­ge wei­ter­hin ge­mein­sam aus. Für Ihr Kind ist es zu­dem wich­tig, dass Sie sich als El­tern wei­ter­hin ge­mein­sam ver­ant­wort­lich füh­len und es durch die Tren­nung kei­nen El­tern­teil "ver­liert".

Aus­übung ge­mein­sa­mer el­ter­li­cher Sor­ge durch ge­trennt­le­ben­de El­tern


Die Aus­übung der ge­mein­sa­men el­ter­li­chen Sor­ge durch ge­trennt­le­ben­de El­tern setzt vor­aus, dass Sie als El­tern wei­ter­hin mit­ein­an­der spre­chen, sich bei wich­ti­gen Er­zie­hungs­fra­gen ei­ni­gen und nicht ge­gen­ein­an­der han­deln. Sie soll­ten da­her ver­su­chen, Ih­re Kon­flik­te als Paar von der Aus­übung der el­ter­li­chen Sor­ge zu tren­nen und als El­tern zum Woh­le des Kin­des zu­sam­men­zu­wir­ken. Ein­ver­nehm­li­che Lö­sun­gen las­sen sich häu­fig fin­den, wenn Sie die Be­dürf­nis­se und Wün­sche Ih­res Kin­des im Blick ha­ben.  Zu­dem er­hal­ten Sie bei Be­darf kos­ten­lo­se Un­ter­stüt­zung und Be­ra­tung durch die Jugendämter oder von Erziehungs- und Familienberatungsstellen .

Rundes Icon, das für den Inhaltsbereich "Fair trennen und gemeinsam erziehen" steht. Gezeigt wird eine Familie in Halbfrontalansicht. Mutter und Vater blicken mit sorgenvoller Mimik, ihr Sohn im Vordergrund zeigt einen traurigen Gesichtsausdruck.

Im Be­reich „Fair tren­nen & ge­mein­sam er­zie­hen“ er­fah­ren Sie wie die Zu­sam­men­ar­beit mit dem an­de­ren El­tern­teil nach ei­ner Tren­nung ge­lin­gen kann.

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Ein­fluss des Be­treu­ungs­mo­dell auf die Ent­schei­dungs­be­fug­nis­se der El­tern


Für das Re­si­denz­mo­dell ist zur Ver­ein­fa­chung des All­tags und zur Ver­mei­dung von Kon­flik­ten ge­setz­lich ge­re­gelt, dass All­tags­an­ge­le­gen­hei­ten vom haupt­be­treu­en­den El­tern­teil al­lein ent­schie­den wer­den kön­nen. Für das (pa­ri­tä­ti­sche) Wech­selm­odell sieht das Ge­setz hin­ge­gen kei­ne ent­spre­chen­de Re­ge­lung vor, so dass sich die El­tern dar­über ver­stän­di­gen müs­sen, wie mit All­tags­an­ge­le­gen­hei­ten um­zu­ge­hen ist.  Nä­he­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie bei der nächs­ten Fra­ge.

Mutter und Vater halten gemeinsam die sich zwischen ihnen befindende Tochter an der Hand.

Eltern kümmern sich nach der Trennung gemeinsam um das Kind

Welche Alleinentscheidungsbefugnisse bestehen bei gemeinsamer elterlicher Sorge?

Vater und Mutter stehen sich gegenüber. Zwischen ihnen sind zwei Sprachblasen zu sehen.

Ab­ge­stuf­te Ent­schei­dungs­be­fug­nis­se im Re­si­denz­mo­dell

Zur Ver­ein­fa­chung des All­tags und zur Ver­mei­dung von Kon­flik­ten sieht § 1687 BGB ab­ge­stuf­te Ent­schei­dungs­be­fug­nis­se der ge­mein­sam sor­ge­be­rech­tig­ten El­tern vor. Die Norm gilt un­ein­ge­schränkt für das so­ge­nann­te Re­si­denz­mo­dell. Bei die­sem Be­treu­ungs­mo­dell lebt das Kind nach der Tren­nung ganz über­wie­gend bei ei­nem El­tern­teil (haupt­be­treu­en­der El­tern­teil) und hat mit dem an­de­ren El­tern­teil re­gel­mä­ßig Um­gang (Um­gangs­el­tern­teil). Die Ent­schei­dungs­be­fug­nis­se ge­trennt­le­ben­der El­tern sind ge­mäß § 1687 BGB wie folgt ge­re­gelt:

An­ge­le­gen­hei­ten von er­heb­li­cher Be­deu­tung für das Kind

...um­fas­sen Ent­schei­dun­gen zu grund­le­gen­den Er­zie­hungs­fra­gen, die sich nach­hal­tig auf die kind­li­che Ent­wick­lung aus­wir­ken.

Die El­tern müs­sen sich ei­ni­gen und ei­ne ge­mein­sa­me Ent­schei­dung tref­fen. Ei­ne Aus­nah­me be­steht in Not­fäl­len, wenn bei ei­ner zur er­war­ten­den Ge­fähr­dung des Kin­des­wohls, ei­ne Ab­stim­mung mit dem an­de­ren El­tern­teil nicht mög­lich ist (z. B. bei ei­ner un­auf­schieb­ba­ren ärzt­li­chen Be­hand­lung). Dann darf der El­tern­teil, bei dem sich das Kind ge­ra­de auf­hält, al­lein ent­schei­den.

An­ge­le­gen­hei­ten des täg­li­chen Le­bens (All­tags­sor­ge)

... um­fas­sen Ent­schei­dun­gen, die häu­fig vor­kom­men und kei­ne schwer ab­zuän­dern­den Aus­wir­kun­gen auf die Ent­wick­lung des Kin­des ha­ben.

Der haupt­be­treu­en­de El­tern­teil kann die All­tags­sor­ge al­lein aus­üben und al­lein ent­schei­den. Ei­ne Ab­stim­mung mit dem an­de­ren El­tern­teil ist bei sol­chen Ent­schei­dun­gen so­mit nicht nö­tig.

An­ge­le­gen­hei­ten der tat­säch­li­chen Be­treu­ung

...um­fas­sen all­täg­li­che, wäh­rend des Um­gangs zu tref­fen­de Ent­schei­dun­gen (z. B. Schla­fens­zei­ten, Fern­seh­kon­sum).

Die­se Ent­schei­dun­gen kann der Um­gangs­el­tern­teil wäh­rend der Um­gangs­zei­ten al­lein tref­fen. Auf der Sei­te zum Um­gang er­hal­ten Sie hier­zu ge­naue­re In­for­ma­tio­nen:

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Die Ab­gren­zung von An­ge­le­gen­hei­ten von er­heb­li­cher Be­deu­tung und An­ge­le­gen­hei­ten des täg­li­chen Le­bens kann im Ein­zel­fall schwie­rig sein und er­for­dert ei­ne in­di­vi­du­el­le Be­trach­tung. Aus­schlag­ge­bend ist die Be­deu­tung der Ent­schei­dung für die Ent­wick­lung Ih­res Kin­des. Bei­spie­le aus der Recht­spre­chung kön­nen je­doch als Ori­en­tie­rung für die ei­ge­ne Ent­schei­dungs­si­tua­ti­on die­nen. Ei­ne Recht­spre­chungs­über­sicht fin­den Sie hier:

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Eine Mutter pflegt ihr krank im Bett liegendes Kind und fühlt seine Stirn.

In Not­fäl­len darf jeder Elternteil al­lein ent­schei­den

All­tags­sor­ge bei ge­teil­ter Be­treu­ung (Wech­selm­odell)

Auch im Wechselmodell müs­sen die ge­mein­sam sor­ge­be­rech­tig­ten El­tern bei An­ge­le­gen­hei­ten von er­heb­li­cher Be­deu­tung für das Kind ei­ne ge­mein­sa­me Ent­schei­dung tref­fen. Die ge­setz­li­che Re­ge­lung zur All­tags­sor­ge passt bei ei­ner ge­teil­ten Be­treu­ung hin­ge­gen nicht, weil die­se auf das Re­si­denz­mo­dell zu­ge­schnit­ten ist. Es emp­fiehlt sich, so­wohl im pa­ri­tä­ti­schen als auch im asym­me­tri­schen Wech­selm­odell, die Ent­schei­dungs­be­fug­nis in All­tags­an­ge­le­gen­hei­ten in ei­ner El­tern­ver­ein­ba­rung zu re­geln. Wich­tig ist, dass Sie prak­ti­ka­ble Lö­sun­gen fin­den und da­bei das Kin­des­wohl nicht aus dem Blick ver­lie­ren. Be­ach­ten Sie, dass das Ge­setz in Streit­fra­gen über die Aus­übung der All­tags­sor­ge im Wech­selm­odell kein fa­mi­li­en­ge­richt­li­ches Ver­fah­ren vor­sieht.

Aus­führ­li­che In­for­ma­tio­nen zu El­tern­ver­ein­ba­run­gen fin­den Sie hier:

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In ei­ner El­tern­ver­ein­ba­rung kann Fol­gen­des zur All­tags­sor­ge al­ter­na­tiv ver­ein­bart wer­den... 

Die­se Ver­ein­ba­rung er­for­dert einen sehr ho­hen Ab­stim­mungs­be­darf zwi­schen den El­tern und ist da­her im Re­gel­fall nicht zu emp­feh­len.

Die­se Ver­ein­ba­rung kann den All­tag für die El­tern er­heb­lich er­leich­tern. Al­ler­dings kann es für das Kind wich­tig sein, dass bei be­stimm­ten Ta­ges­rou­ti­nen, ins­be­son­de­re bei Schla­fens- und Es­sen­zei­ten oder Fern­seh- und Me­di­en­kon­sum, ei­ne ge­wis­se Sta­bi­li­tät und Kon­ti­nui­tät be­steht. Da­her soll­ten Sie bei sol­chen Ta­ges­rou­ti­nen zum Woh­le des Kin­des Kom­pro­mis­se fin­den und sich auf be­stimm­te Grund­sät­ze ei­ni­gen.

Ei­ne prak­ti­ka­ble Lö­sung kann dar­in be­ste­hen, dass die El­tern vor­ab ver­ein­ba­ren, in wel­chen Be­rei­chen der All­tags­sor­ge sie ge­mein­sam ent­schei­den und in wel­chen Fäl­len der je­weils be­treu­en­de El­tern­teil al­lein ent­schei­den kann. Zu­sätz­lich kön­nen Ent­schei­dun­gen in ein­zel­nen Ver­ant­wor­tungs­be­rei­chen zwi­schen den El­tern auf­ge­teilt wer­den, so dass bei­spiels­wei­se ein El­tern­teil über die Hob­bys be­stimmt, wäh­rend der an­de­re El­tern­teil die Klei­dung für das Kind ein­kauft.

Wie können Konflikte der Eltern über wichtige Angelegenheiten des Kindes gelöst werden?

Streit in ein­zel­nen Fra­gen von er­heb­li­cher Be­deu­tung für das Kind

Wenn Sie sich als El­tern bei ein­zel­nen Fra­gen, die für Ihr Kind von er­heb­li­cher Be­deu­tung sind, nicht ei­ni­gen kön­nen, dann soll­ten Sie die­se Fra­gen zu­nächst mit Ih­rem Kind be­spre­chen, so­weit dies nach Al­ter und Rei­fe mög­lich ist. Denn zu Ih­rer El­tern­ver­ant­wor­tung ge­hört es auch, die Wün­sche und Vor­stel­lun­gen Ih­res her­an­wach­sen­den Kin­des bei der Er­zie­hung zu be­rück­sich­ti­gen und ein­ver­nehm­li­che Lö­sun­gen ge­mein­sam mit Ih­rem Kind zu fin­den.

Zur Lö­sung des Kon­flikts kön­nen Sie zu­dem die kostenlosen Beratungs- und Unterstützungsangebote des Ju­gend­am­tes oder von Er­zie­hungs- und Fa­mi­li­en­be­ra­tungs­stel­len in An­spruch neh­men.

Ge­lingt ei­ne Lö­sung des Kon­flikts trotz Be­ra­tung und Un­ter­stüt­zung nicht, kön­nen Sie sich an das Fa­mi­li­en­ge­richt wen­den und einen An­trag auf Über­tra­gung der Ent­schei­dungs­be­fug­nis in der je­wei­li­gen An­ge­le­gen­heit stel­len (§ 1628 BGB ).

Möch­ten Sie mehr zum fa­mi­li­en­ge­richt­li­chen Sor­ge­­ver­fah­ren er­fah­ren?

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El­tern-Tipp:
Vor­ge­hen im Kon­flikt­fall

Das Schaubild zeigt das Vorgehen im Konfliktfall in drei Schritten: 1. Konflikt durch Kommunikation lösen, 2. Beratung und Unterstützung einholen, 3. das Familiengericht zur Klärung hinzuziehen.

Kon­flikt­lö­sung mit Hil­fe des Fa­mi­li­en­ge­richts

Das Familiengericht wird zunächst darauf hinwirken, dass sich die Eltern einigen. Gelingt dies nicht, dann überträgt das Gericht nach einer An­hö­rung des Kin­des die Befugnis zur Entscheidung der strittigen Frage auf den Elternteil, dessen Auffassung dem Kindeswohl am besten entspricht. Bei der Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf einen Elternteil berücksichtigt das Gericht neben dem Willen des Kindes die tatsächlichen Gegebenheiten und Handlungsmöglichkeiten, die Folgewirkungen der Entscheidung für das Kind sowie die berechtigten Interessen der Eltern.

Nähere Informationen und Bei­spie­le aus der ge­richt­li­chen Pra­xis zur Übertragung der Entscheidung in einer wichtigen Angelegenheit für das Kind auf einen Elternteil finden Sie hier:

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Ein Mann und eine Frau streiten sich lautstark und gestikulieren wild. Daneben sitzt ein Kind auf dem Boden, dass seinen Kopf in seinen auf den Knien verschränkten Armen versteckt hat. Im Hintergrund stehen ein Sessel und ein Beistelltisch.

Kommt es zu Streit, kann es sinnvoll sein, Hilfe in Anspruch zu nehmen

Über­tra­gung ei­nes Teil­be­reichs der el­ter­li­chen Sor­ge


Soll nicht nur die Ent­schei­dung in ei­ner kon­kre­ten An­ge­le­gen­heit (z. B. über die Imp­fung des Kin­des), son­dern ein Teil­be­reich der el­ter­li­chen Sor­ge ins­ge­samt auf einen El­tern­teil über­tra­gen wer­den (z. B. die ge­sam­te Ge­sund­heits­für­sor­ge), kann ein ent­spre­chen­der An­trag beim Fa­mi­li­en­ge­richt ge­stellt wer­den. Das Fa­mi­li­en­ge­richt ent­schei­det ge­mäß § 1671 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 BGB un­ter den­sel­ben Vor­aus­set­zun­gen wie bei der Über­tra­gung der ge­sam­ten el­ter­li­chen Sor­ge. Mehr da­zu le­sen Sie bei der über­nächs­ten Fra­ge.

Wann ist die Erteilung einer Sorgerechtsvollmacht bei gemeinsamer Sorge sinnvoll?

Ge­mein­sa­me Ver­tre­tung bei ge­mein­sa­mer Sor­ge

Sind Sie als ge­trennt­le­ben­de El­tern ge­mein­sam sor­ge­be­rech­tigt, müs­sen Sie das Kind grund­sätz­lich ge­mein­sam ver­tre­ten, wenn es um An­ge­le­gen­hei­ten von er­heb­li­cher Be­deu­tung für das Kind geht. Hin­ge­gen hat in An­ge­le­gen­hei­ten des täg­li­chen Le­bens (so­ge­nann­te All­tags­sor­ge) der haupt­be­treu­en­de El­tern­teil im Residenzmodell kraft Ge­set­zes ein Al­lein­ver­tre­tungs­recht. Beim Wechselmodell kön­nen Sie sich auf ein Al­lein­ver­tre­teungs­recht in All­tags­an­ge­le­gen­hei­ten ver­stän­di­gen. Da­zu und zur Ab­gren­zung zwi­schen An­ge­le­gen­hei­ten von er­heb­li­cher Be­deu­tung und All­tags­an­ge­le­gen­hei­ten für das Kind fin­den Sie wei­ter oben In­for­ma­tio­nen.

Er­leich­ter­ter All­tag durch Sor­ge­rechts­voll­macht

Die ge­mein­sa­me Ver­tre­tung des Kin­des durch bei­de El­tern be­deu­tet, dass bei Rechts­hand­lun­gen ge­gen­über Drit­ten in wich­ti­gen An­ge­le­gen­hei­ten des Kin­des im­mer ein ge­mein­sa­mes Han­deln der El­tern not­wen­dig ist. Dies be­trifft grund­le­gen­de me­di­zi­ni­sche Ein­grif­fen (z. B. die Auf­nah­me des Kin­des ins Kran­ken­haus) oder schu­li­schen An­ge­le­gen­hei­ten (z. B. An­mel­dung in der wei­ter­füh­ren­den Schu­le). Die ge­mein­sa­me Ver­tre­tung kann zum Pro­blem wer­den, wenn die El­tern bei­spiels­wei­se weit aus­ein­an­der woh­nen oder ein El­tern­teil be­ruf­lich stark ein­ge­bun­den ist. In sol­chen Fäl­len kann es sinn­voll sein, dass ein El­tern­teil dem an­de­ren ei­ne Sor­ge­rechts­voll­macht er­teilt. Die­se ge­stat­tet dem be­voll­mäch­tig­ten El­tern­teil, das Kind in den in der Voll­macht ge­nann­ten An­ge­le­gen­hei­ten wirk­sam ge­gen­über Drit­ten wirk­sam zu ver­tre­ten, d. h. die Rechts­hand­lung al­lei­ne vor­zu­neh­men. Ei­ne Sor­ge­rechts­voll­macht ist frei wi­der­ruf­lich. Das be­deu­tet, dass sie je­der­zeit zu­rück­ge­nom­men oder an­ge­passt wer­den kann.

Für fol­gen­de An­ge­le­gen­hei­ten kann die Er­tei­lung ei­ner Sor­ge­rechts­voll­macht sinn­voll sein:
  • für die Wahr­neh­mung von Arzt­be­su­chen 
  • in schu­li­schen An­ge­le­gen­hei­ten 
  • im Be­reich der Ver­mö­gens­sor­ge

Kein Ver­lust des Sor­ge­rechts durch Sor­ge­rechts­voll­macht

Durch ei­ne Sor­ge­rechts­voll­macht ver­liert der voll­macht­ge­ben­de El­tern­teil sei­n Sor­ge­recht nicht. Er bleibt wei­ter­hin voll­um­fäng­lich sor­ge­be­rech­tigt und muss an der Ent­schei­dungs­fin­dung in An­ge­le­gen­hei­ten von er­heb­li­cher Be­deu­tung ­mit­wir­ken. Bei der Sor­ge­rechts­voll­macht geht es al­so nur um die Ver­tre­tung des Kin­des ge­gen­über Drit­ten, die durch die Voll­macht ei­nem El­tern­teil al­lein über­tra­gen ist. 

Form der Sor­ge­rechts­voll­macht

Die Sor­ge­rechts­voll­macht ist an kei­ne Form ge­bun­den. Es bie­tet sich je­doch an, die Voll­macht schrift­lich zu fi­xie­ren, um Klar­heit zu schaf­fen und die Voll­macht auch ge­gen­über Drit­ten (z. B. beim Arzt oder in der Schu­le) vor­le­gen zu kön­nen. Ein Mus­ter für ei­ne Sor­ge­rechts­voll­macht fin­den Sie hier:

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Vor­tei­le ei­ner Sor­ge­rechts­voll­macht
Ei­ne Sor­ge­rechts­voll­macht kann fol­gen­de Vor­tei­le ha­ben...
  • er­öff­net dem be­voll­mäch­tig­ten El­tern­teil grö­ße­re Hand­lungs­spiel­räu­me
  • kann zur Re­du­zie­rung des Kon­flikt­po­ten­ti­als zwi­schen den El­tern bei­tra­gen
  • kann je­der­zeit wi­der­ru­fen wer­den  

Wann ist es sinnvoll, die Übertragung der Alleinsorge beim Familiengericht zu beantragen?

Grün­de für die Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge

Nach ei­ner Tren­nung kann es in man­chen Fäl­len sinn­voll sein, dass die bis­lang ge­mein­sam aus­ge­üb­te el­ter­li­che Sor­ge auf einen El­tern­teil über­tra­gen wird. Ei­ne Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge ist ins­be­son­de­re dann sinn­voll, wenn...

  • er­heb­li­che und dau­er­haf­te Kon­flik­te zwi­schen den El­tern be­ste­hen, die sich ne­ga­tiv auf das Wohl des Kin­des aus­wir­ken, oder
  • ein El­tern­teil zur Aus­übung der ge­mein­sa­men Sor­ge nicht mehr be­reit oder in der La­ge ist (z. B. bei dau­er­haf­tem Wohn­sitz im Aus­land) Cartoon von Renate Alf. Eltern stehen vor dem Richter und zerren angestrengt an den Pullover-Ärmeln ihres Kindes, die immer länger werden. der Richter schaut irritiert zu.

Rechts­fol­gen der Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge


Wird das Sor­ge­recht auf einen El­tern­teil über­tra­gen, kann die­ser in An­ge­le­gen­hei­ten von er­heb­li­cher Be­deu­tung für das Kind al­lein ent­schei­den und muss sich nicht mehr mit dem an­de­ren El­tern­teil ab­stim­men. Die Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge än­dert aber nichts am Um­gangs­recht des an­de­ren El­tern­teils, ins­be­son­de­re kann der Um­gangs­el­tern­teil wei­ter­hin al­le Ent­schei­dun­gen der tat­säch­li­chen Be­treu­ung al­lein tref­fen (§ 1687a BGB ).

Mit­ent­schei­dungs­be­fug­nis­se des Stief­el­tern­teils


Hat der al­lein sor­ge­be­rech­tig­te El­tern­teil er­neut ge­hei­ra­tet, steht dem Ehe­part­ner als Stief­el­tern­teil ei­ne Mit­ent­schei­dungs­be­fug­nis in An­ge­le­gen­hei­ten des täg­li­chen Le­bens zu (§ 1687b BGB ). Die­se Mit­ent­schei­dungs­be­fug­nis be­steht aber nur im Ein­ver­neh­men mit dem sor­ge­be­rech­tig­ten El­tern­teil. Kön­nen sich der sor­ge­be­rech­tig­te El­tern­teil und der Stief­el­tern­teil in ei­ner be­stimm­ten Fra­ge nicht ei­ni­gen, dann ent­schei­det der sor­ge­be­rech­tig­te El­tern­teil al­lein. Au­ßer der Mit­ent­schei­dungs­be­fug­nis steht dem Stief­el­tern­teil zu­dem das Recht zu, in Not­fäl­len Ent­schei­dun­gen für das Kind al­lei­ne zu tref­fen (z. B. Ent­schei­dun­gen über ei­ne drin­gend not­wen­di­ge ärzt­li­che Be­hand­lung).

Ent­schei­dung des Fa­mi­li­en­ge­richts über die Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge


Für die Über­tra­gung der el­ter­li­chen Sor­ge auf einen El­tern­teil ist ei­ne Ent­schei­dung des Fa­mi­li­en­ge­richts not­wen­dig (§ 1671 Absatz 1 BGB ). Den An­trag kann je­der El­tern­teil stel­len. Die vom Fa­mi­li­en­ge­richt zu prü­fen­den Ent­schei­dungs­vor­aus­set­zun­gen hän­gen da­von ab, ob die Al­lein­sor­ge im Ein­ver­neh­men oder ge­gen den Wil­len ei­nes El­tern­teils über­tra­gen wer­den soll.

Ein­ver­nehm­li­che Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge

Be­steht Ein­ver­neh­men zwi­schen den El­tern über­trägt das Fa­mi­li­en­ge­richt die Al­lein­sor­ge auf den an­trag­stel­len­den El­tern­teil oh­ne Kin­des­wohl­prü­fung, wenn...

  • der an­de­re El­tern­teil zu­stimmt und
  • das min­des­tens 14 Jah­re al­te Kind nicht wi­der­spricht
Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge ge­gen den Wil­len des an­de­ren El­tern­teils oder des Kin­des


Stimmt der an­de­re El­tern­teil dem An­trag nicht zu oder er­hebt das min­des­tens 14 Jah­re al­te Kind Wi­der­spruch, prüft das Fa­mi­li­en­ge­richt, ob es dem Wohl des Kin­des am bes­ten ent­spricht, wenn die ge­mein­sa­me Sor­ge auf­ge­ho­ben und die Al­lein­sor­ge auf den an­trag­stel­len­den El­tern­teil über­tra­gen wird. Wird dies be­jaht, dann er­hält der an­trag­stel­len­de El­tern­teil die Al­lein­sor­ge. Nä­he­res zur Kin­des­wohl­prü­fung bei der Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge er­fah­ren Sie hier:

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Über­tra­gung ei­nes Teil­be­reichs der el­ter­li­chen Sor­ge

Un­ter den­sel­ben Vor­aus­set­zun­gen kann das Fa­mi­li­en­ge­richt auch nur einen Teil­be­reich der el­ter­li­chen Sor­ge auf einen El­tern­teil al­lein über­tra­gen. Teil­be­rei­che der Per­so­nen­sor­ge sind ins­be­son­de­re...

  • die Ge­sund­heits­für­sor­ge für das Kind
  • die Be­stim­mung über den Auf­ent­halt des Kin­des

Quellen & Links

Mehr zum The­ma

Hier fin­den Sie In­for­ma­tio­nen zu Quel­len der In­hal­te die­ser Sei­te und Links zu ver­tie­fen­den In­for­ma­tio­nen.

Als Quel­len wur­den un­ter an­de­rem ver­wen­det:

Daml­ja­no­vic, D. (2016). Das Wech­selm­odell. Gel­ten­des Recht und Re­form­be­darf. Pe­ter Lang.

Schu­mann, E. (2018). Ge­mein­sam ge­tra­ge­ne El­tern­ver­ant­wor­tung nach Tren­nung und Schei­dung  Re­form­be­darf im Sor­ge-, Um­gangs- und Un­ter­halts­recht? in: Ver­hand­lun­gen zum 72. Deut­schen Ju­ris­ten­tag, hrsg. von der Stän­di­gen De­pu­ta­ti­on des Deut­schen Ju­ris­ten­ta­ges, Bd. 1. C.H.Beck.

Schwab, D., Görtz-Lei­ble, M. (2022). Mei­ne Rech­te bei Tren­nung und Schei­dung. dtv.

Völ­ker, M., Clau­si­us, M. (2021). Sor­ge- und Um­gangs­recht. Hand­buch für die fa­mi­li­en­recht­li­che Pra­xis. Rechts­grund­la­gen, Er­läu­te­run­gen, Mus­ter. No­mos.

Zorn, D. (2016). Das Recht der el­ter­li­chen Sor­ge. Vor­aus­set­zun­gen, In­halt, Schran­ken. De Gruy­ter.

Wich­ti­ge Ge­richts­ent­schei­dun­gen: 

BGH 3.5.2017 – XII ZB 157/16 (Über­tra­gung der Ent­schei­dungs­be­fug­nis über Schutz­imp­fun­gen des Kin­des auf einen El­tern­teil)

BGH 11.5.2005 – XII ZB 33/04 (Kri­te­ri­en zur Über­tra­gung der Al­lein­sor­ge auf einen El­tern­teil) 

OLG Frank­furt a.M. 26.4.2022 – 1 UF 219/21 (Über­tra­gung des Auf­ent­halts­be­stim­mungs­rechts auf einen El­tern­teil)

 

Be­treu­ungs­mo­del­le
Er­klä­run­gen & Rechts­fol­gen der ver­schie­de­nen Be­treu­ungs­mo­del­le

Das ge­wähl­te Be­treu­ungs­mo­del­l wirkt sich auf die Aus­übung der el­ter­li­chen Sor­ge aus­. Auf der ver­link­ten Un­ter­sei­te wer­den die ver­schie­de­nen Be­treu­ungs­mo­del­le und ih­re Rechts­fol­gen er­klärt.

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Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht
Das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht ist ein Teil der el­ter­li­chen Sor­ge


Das Auf­ent­halts­be­stim­mungs­recht um­fasst die Ent­schei­dun­gen, die den Auf­ent­halt des Kin­des be­tref­fen. Da­zu ge­hö­ren der Le­bens­mit­tel­punkt des Kin­des oder ge­mein­sa­me Ur­lau­be mit dem Kind. Mehr er­fah­ren Sie auf der fol­gen­den Un­ter­sei­te.

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El­tern­ver­ein­ba­run­gen
Ein­ver­nehm­li­che Ent­schei­dun­gen tref­fen

In El­tern­ver­ein­ba­run­gen kön­nen El­tern ge­trof­fe­ne Re­ge­lun­gen zur Aus­übung der El­tern­ver­ant­wor­tung, auch im Hin­blick auf die el­ter­li­che Sor­ge, fest­hal­ten. Al­les Wis­sens­wer­te zu El­tern­ver­ein­ba­run­gen er­hal­ten Sie auf der fol­gen­den Un­ter­sei­te.

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