Ak­teu­re in Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren

ak­tua­li­siert am 31.01.24        von Lea Zim­mer­mann       Fa­mi­li­en­recht, Ge­org-Au­gust-Uni­ver­si­tät Göt­tin­gen

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Was ist die Aufgabe des Familiengerichts?

Rol­le des Fa­mi­li­en­ge­richts in Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren


Kön­nen sich die El­tern über die Aus­übung des Sor­ge- oder Um­gangs­rechts nicht ei­ni­gen, kann grund­sätz­lich je­der El­tern­teil ein Sor­ge- oder Um­gangs­ver­fah­ren vor dem Fa­mi­li­en­ge­richt ein­lei­ten. In Sor­ge­ver­fah­ren kann z. B. ein An­trag auf Über­tra­gung der Al­lein­ent­schei­dungs­be­fug­nis in ei­ner ein­zel­nen, für das Kind er­heb­li­chen An­ge­le­gen­heit oder auf Über­tra­gung der el­ter­li­chen Sor­ge ins­ge­samt bzw. in ei­nem Teil­be­reich ge­stellt wer­den. Im Rah­men ei­nes Um­gangs­ver­fah­rens kann die ge­richt­li­che Re­ge­lung des Um­gangs, die Än­de­rung ei­ner be­ste­hen­den (ge­richt­li­chen) Um­gangs­re­ge­lung oder der Aus­schluss bzw. die Be­schrän­kung des Um­gangs ver­langt wer­den. Das Fa­mi­li­en­ge­richt hat dann die Auf­ga­be, den be­ste­hen­den Kon­flikt zwi­schen den El­tern zu lö­sen.

Ver­mitt­lungs­auf­ga­be des Fa­mi­li­en­ge­richts


Das Fa­mi­li­en­ge­richt wird im Ver­fah­ren zu­nächst auf ei­ne Ei­ni­gung der El­tern hin­wir­ken (§ 156 FamFG ). Ziel des Fa­mi­li­en­ge­richts ist es, die El­tern mög­lichst zu ei­ner ein­ver­nehm­li­chen Lö­sung zu be­we­gen. Dies ver­spricht für die Zu­kunft in der Re­gel ei­ne kon­flikt­freie­re Aus­übung der El­tern­ver­ant­wor­tung. Da­bei wird das Ge­richt die El­tern auch auf die kos­ten­lo­sen Be­ra­tungs- und Un­ter­stüt­zungs­an­ge­bo­te von Fa­mi­li­en- und Er­zie­hungs­be­ra­tungs­stel­len oder des Ju­gend­am­tes hin­wei­sen und kann so­gar an­ord­nen, dass die El­tern an ei­ner sol­chen Be­ra­tung teil­neh­men oder sich über die Mög­lich­kei­ten ei­ner Me­dia­ti­on in­for­mie­ren.

Familie Abadi (Mutter, Vater und zwei Kinder) stehen vor einem Gerichtsgebäude.

Das Familiengericht soll Konflikte lösen und trifft eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung

Aus­führ­li­che Infor­ma­tio­nen zum Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren fin­den Sie hier:

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Ent­schei­dungs­auf­ga­be des Fa­mi­li­en­ge­richts

Kön­nen sich die El­tern nicht ei­ni­gen, wird das Fa­mi­li­en­ge­richt ei­ne Ent­schei­dung tref­fen. In Sor­ge­ver­fah­ren ist das Ge­richt an die An­trä­ge der El­tern ge­bun­den, wäh­rend es in Um­gangs­ver­fah­ren da­von auch ab­wei­chen kann. Das be­deu­tet, dass das Ge­richt z. B. ei­ne an­de­re Um­gangs­re­ge­lung als die vom an­trag­stel­len­den El­tern­teil be­gehr­te, tref­fen kann. Die ge­richt­li­che Ent­schei­dung hängt vom je­wei­li­gen Ver­fah­ren und den da­für vor­ge­schrie­be­nen ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen ab. Ei­ne zen­tra­le Rol­le bei al­len ge­richt­li­chen Ent­schei­dun­gen spie­len aber das Kindeswohl und der Kindeswille .

Ent­schei­dungs­fin­dung des Fa­mi­li­en­ge­richts

Um ei­ne Ent­schei­dung tref­fen zu kön­nen, muss das Fa­mi­li­en­ge­richt al­le für die Ent­schei­dung re­le­van­ten In­for­ma­tio­nen sam­meln. Als El­tern sind Sie ver­pflich­tet, an die­ser Auf­ga­be des Fa­mi­li­en­ge­richts mit­zu­wir­ken, d. h. al­le wich­ti­gen In­for­ma­tio­nen dem Ge­richt ent­we­der in der per­sön­li­chen An­hö­rung oder schrift­lich mit­zu­tei­len. Auch das Kind wird im Lau­fe des Sor­ge- oder Um­gangs­ver­fah­rens vom Ge­richt an­ge­hört. An die­ser An­hö­rung neh­men die El­tern nicht teil, sie wer­den aber über die Er­geb­nis­se der An­hö­rung in­for­miert. Aber auch al­le an­de­ren für die Ent­schei­dung re­le­van­ten In­for­ma­tio­nen wer­den den El­tern vom Fa­mi­li­en­ge­richt mit­ge­teilt, da­mit sie sich da­zu äu­ßern kön­nen. Sei­ne ab­schlie­ßen­de Ent­schei­dung muss das Ge­richt um­fas­send be­grün­den, wo­bei sich aus den Ent­schei­dungs­grün­den er­ge­ben muss, auf wel­chen Er­kennt­nis­sen die ge­trof­fe­ne Ent­schei­dung be­ruht.

Lei­tung des Ge­richts­ver­fah­rens durch Fa­mi­li­en­rich­te­rin oder Fa­mi­li­en­rich­ter

Die Lei­tung des Ver­fah­rens und die Er­mitt­lung des Sach­ver­halts ist Auf­ga­be der Fa­mi­li­en­rich­te­rin­nen und Fa­mi­li­en­rich­ter. Fa­mi­li­en­rich­te­rin­nen und Fa­mi­li­en­rich­ter...

  • sind un­ab­hän­gig und un­par­tei­isch
  • rich­ten sich nach den An­trä­gen der El­tern
  • sam­meln im Ver­fah­ren al­le wich­ti­gen In­for­ma­tio­nen für ei­ne ab­schlie­ßen­de Ent­schei­dung
  • hö­ren die El­tern und das Kind im Ver­fah­ren an
  • be­zie­hen die Sach­kun­de von Drit­ten (Ver­fah­rens­bei­stand, Ju­gend­amt und Sach­ver­stän­di­gem) in die Ent­schei­dung ein
  • kön­nen ge­ge­be­nen­falls wei­te­re Aus­künf­te ein­ho­len, et­wa in der Schu­le des Kin­des
Familienrichterin mit einem Buch und einer Waage.

Die Familienrichterin oder der Familienrichter leitet das Verfahren

Brauche ich eine anwaltliche Vertretung in Sorge- und Umgangsverfahren?

Kein An­walts­zwang in Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren

In Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren müs­sen sich die El­tern vor Ge­richt nicht an­walt­lich ver­tre­ten las­sen. Nur wenn das Sor­ge- oder Um­gangs­ver­fah­ren zu­sam­men mit ei­nem Scheidungsverfahren ge­führt wird, be­steht ein An­walts­zwang. Ei­ne an­walt­li­che Ver­tre­tung im Ge­richts­ver­fah­ren kann aber hilf­reich sein, wenn die Sach- oder Rechts­la­ge sehr schwie­rig ist, sich der an­de­re El­tern­teil an­walt­lich ver­tre­ten lässt, zwi­schen den El­tern star­ke Kon­flik­te be­ste­hen oder Aus­ein­an­der­set­zun­gen hoch emo­tio­nal ver­lau­fen.

Aus­führ­li­che In­for­ma­tio­nen zur Kon­flikt­lö­sung mit an­walt­li­cher Hil­fe fin­den Sie hier:

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Ein Mann im Anzug mit einer Aktentasche steht neben einer Frau im Kostüm.

Anwältinnen und Anwälte beraten und unterstützen Sie vor Gericht

An­walt­li­che Ver­tre­tung und ih­re Auf­ga­ben

Die Rechts­an­wäl­tin bzw. der Rechts­an­walt ver­tritt zwar die In­ter­es­sen des je­wei­li­gen El­tern­teils, hat aber auch die Be­dürf­nis­se des ge­mein­sa­men Kin­des im Blick. Da­her wird auch Ih­re Rechts­an­wäl­tin bzw. Ihr Rechts­an­walt Sie vor der Ein­lei­tung ei­nes Ge­richts­ver­fah­rens da­hin­ge­hend be­ra­ten, zum Woh­le des Kin­des ei­ne ein­ver­nehm­li­che Lö­sung mit dem an­de­ren El­tern­teil zu fin­den. Die Un­ter­stüt­zung bei ei­ner ein­ver­nehm­li­chen Lö­sung ge­hört auch noch im Ge­richts­ver­fah­ren zu den Auf­ga­ben Ih­rer Rechts­an­wäl­tin bzw. Ih­res Rechts­an­walts. Zu­dem wird sie bzw. er Ih­re In­ter­es­sen in das Ver­fah­ren ein­brin­gen und dar­auf ach­ten, dass das Ver­fah­ren oh­ne Feh­ler ab­läuft.

Aus­wahl der an­walt­li­chen Ver­tre­tung

Bei der Aus­wahl ei­ner Rechts­an­wäl­tin oder ei­nes Rechts­an­walts ist es emp­feh­lens­wert, auf die fach­li­che Ex­per­ti­se im Fa­mi­li­en­recht zu ach­ten. Ei­ne Fach­an­wäl­tin bzw. ein Fachan­walt für Fa­mi­li­en­recht oder ei­ne auf Fa­mi­li­en­recht spe­zia­li­sier­te Rechts­an­wäl­tin oder ein spe­zia­li­sier­ter Rechts­an­walt ver­fü­gen in der Re­gel über gu­te Kennt­nis­se in Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren und kön­nen auch bei kom­pli­zier­ten Rechts­fra­gen pro­fes­sio­nell hel­fen.

Bei der Su­che nach ei­ner ge­eig­ne­ten an­walt­li­chen Ver­tre­tung hel­fen Ih­nen die Web­sei­ten der lo­ka­len Rechts­an­walts­kam­mern wei­ter, die Sie für Ihr Bun­des­land über die Web­si­te der Bun­des­rechts­an­walts­kam­mer auf­ru­fen kön­nen.

Zur Bundesrechtsanwaltskammer

Be­ra­tungs- und Ver­fah­rens­kos­ten­hil­fe in Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren

Ei­ne au­ßer­ge­richt­li­che Ei­ni­gung kann ein teu­res und häu­fig be­las­ten­des Ver­fah­ren ver­hin­dern. Auch ei­ne frü­he Ei­ni­gung im Ver­fah­ren hilft, wei­te­re Kos­ten zu spa­ren. Die Kos­ten für die an­walt­li­che Ver­tre­tung und für das Ge­richts­ver­fah­ren kön­nen un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen vom Staat im Rah­men der Be­ra­tungs- und Ver­fah­rens­kos­ten­hil­fe über­nom­men wer­den. Das soll­te vor­her von der Rechts­an­wäl­tin bzw. dem Rechts­an­walt über­prüft wer­den. Mehr da­zu er­fah­ren Sie hier:

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Wann braucht mein Kind einen Verfahrensbeistand und welche Aufgaben hat dieser?

Rol­le des Ver­fah­rens­bei­stands im Ge­richts­ver­fah­ren

Bei Kon­flik­ten zwi­schen den El­tern über die el­ter­li­che Sor­ge oder den Um­gang ge­ra­ten Kin­der häu­fig zwi­schen die Fron­ten. Das kann da­zu füh­ren, dass die In­ter­es­sen des ge­mein­sa­men Kin­des im Ge­richts­ver­fah­ren nicht aus­rei­chend be­rück­sich­tigt wer­den. Um die Be­dürf­nis­se und Wün­sche des Kin­des an­ge­mes­sen in das Ver­fah­ren ein­zu­brin­gen, setzt das Fa­mi­li­en­ge­richt in Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren häu­fig (in cir­ca 70 % der Fäl­le) einen Ver­fah­rens­bei­stand als In­ter­es­sen­ver­tre­tung des Kin­des ein.

Auf­ga­ben des Ver­fah­rens­bei­stands

Der Ver­fah­rens­bei­stand hat zwei Haupt­auf­ga­ben:
  • das Kind durch das Ge­richts­ver­fah­ren zu be­glei­ten so­wie es über den In­halt und den Ab­lauf des Ver­fah­rens zu in­for­mie­ren
  • die In­ter­es­sen des Kin­des in das Ver­fah­ren ein­­brin­gen
Ein Mann hält ein Blatt Papier hoch, darauf steht "Interessen des Kindes".

Der Verfahrensbeistand behält die Interessen des Kindes im Blick

 
 

Ge­sprä­che mit dem Kind

Zur Er­fül­lung der Auf­ga­ben re­det der Ver­fah­rens­bei­stand mit dem Kind. Dies ist au­ßer­halb des Ge­richts­ver­fah­rens nur mit Zu­stim­mung der sor­ge­be­rech­tig­ten El­tern mög­lich. Da für Ihr Kind ein gu­tes Ver­hält­nis zum Ver­fah­rens­bei­stand im ge­richt­li­chen Ver­fah­ren hilf­reich ist, soll­ten Sie die­se Zu­stim­mung er­tei­len.

Un­ter­stüt­zung des Kin­des

Der Ver­fah­rens­bei­stand in­for­miert das Kind al­ters­ge­recht über al­le wich­ti­gen Vor­gän­ge im Ver­fah­ren und über mög­li­che Ent­schei­dun­gen des Ge­richts. Zu­dem be­rei­tet er das Kind auf die Kin­des­an­hö­rung vor und nimmt an die­ser zur Un­ter­stüt­zung des Kin­des teil. Als El­tern neh­men Sie an der Kin­des­an­hö­rung nicht teil, wer­den aber an­schlie­ßend vom Ge­richt über den Ab­lauf und den In­halt der An­hö­rung in­for­miert.

In­ter­es­sen­ver­tre­tung des Kin­des

Der Ver­fah­rens­bei­stand ach­tet dar­auf, dass die In­ter­es­sen des Kin­des, ins­be­son­de­re des­sen Mei­nun­gen und Wil­len, in das Ver­fah­ren ein­ge­bracht und vom Ge­richt bei der Ent­schei­dung be­rück­sich­tigt wer­den. Er ver­tritt nicht die In­ter­es­sen der El­tern und ar­bei­tet auch nicht im In­ter­es­se des Fa­mi­li­en­ge­richts oder des Ju­gend­am­tes. Nach Ab­schluss des Ver­fah­rens kann er – eben­so wie die sor­ge­be­rech­tig­ten El­tern – für das Kind Be­schwer­de ein­le­gen, wenn er des­sen Rech­te ver­letzt sieht.

Ge­sprä­che mit den El­tern und wei­te­ren Per­so­nen

Das Fa­mi­li­en­ge­richt kann den Ver­fah­rens­bei­stand zu­sätz­lich be­auf­tra­gen, zur bes­se­ren Wahr­neh­mung der In­ter­es­sen des Kin­des Ge­sprä­che mit den El­tern oder an­de­ren Per­so­nen aus dem per­sön­li­chen Um­feld des Kin­des zu füh­ren. In die­sem Fall er­höht sich die Ver­gü­tung des Ver­fah­rens­bei­stands von 350 € auf 550 €. Das Fa­mi­li­en­ge­richt kann dem Ver­fah­rens­bei­stand zu­sätz­lich die Auf­ga­be über­tra­gen, auf ei­ne ein­ver­nehm­li­che Re­ge­lung zwi­schen den El­tern hin­zu­wir­ken. Aber auch da­bei ver­tritt der Ver­fah­rens­bei­stand die In­ter­es­sen des Kin­des. Die Ver­gü­tung er­höht sich auch in die­sem Fall von 350 € auf 550 €.

Ein­set­zung des Ver­fah­rens­bei­stands durch das Fa­mi­li­en­ge­richt

Ein Ver­fah­rens­bei­stand wird aus­schließ­lich vom Fa­mi­li­en­ge­richt be­stimmt und soll so früh wie mög­lich ein­ge­setzt wer­den, wenn dies zur Wahr­neh­mung der In­ter­es­sen des Kin­des er­for­der­lich ist. Dies ist ins­be­son­de­re dann der Fall, wenn…

  • die In­ter­es­sen des Kin­des von de­nen ei­nes El­tern­teils stark ab­wei­chen
    Bei­spiel: Das ge­mein­sa­me Kind möch­te Um­gang  mit ei­nem El­tern­teil ha­ben, dies wird aber durch den an­de­ren El­tern­teil ver­hin­dert.
  • das Kind von der Per­son ge­trennt wer­den soll, die es bis­lang haupt­säch­lich ver­sorgt und ge­pflegt hat
    Bei­spiel: Das ge­mein­sa­me Kind möch­te sei­nen Le­bens­mit­tel­punkt künf­tig beim an­de­ren El­tern­teil ha­ben.
  • es um ei­ne star­ke Be­schrän­kung des Um­gangs mit dem Kind geht
    Bei­spiel: Ein El­tern­teil soll kei­nen Um­gang mit dem ge­mein­sa­men Kind in den Fe­ri­en ha­ben.

Qua­li­fi­ka­ti­on des Ver­fah­rens­bei­stands

Das Fa­mi­li­en­ge­richt be­stellt als Ver­fah­rens­bei­stand ei­ne für den kon­kre­ten Fall ge­eig­ne­te Per­son. Der Be­ruf wird meist von Per­so­nen aus dem so­zia­len, päd­ago­gi­schen oder ju­ris­ti­schen Be­reich aus­ge­übt. Meist kennt das Fa­mi­li­en­ge­richt be­reits ei­ni­ge Ver­fah­rens­bei­stän­de und sucht dar­un­ter die fach­lich und per­sön­lich pas­sen­de Per­son aus. Ge­gen die­se Ent­schei­dung des Ge­richts kann erst nach Ab­schluss des Ver­fah­rens vor­ge­gan­gen wer­den. Je­der El­tern­teil kann je­doch beim Fa­mi­li­en­ge­richt an­re­gen, die Auf­he­bung der Be­stel­lung zu prü­fen, wenn der Ver­fah­rens­bei­stand im kon­kre­ten Fall un­ge­eig­net er­scheint.

Was ist die Aufgabe des Jugendamtes in Sorge- und Umgangsverfahren?

All­ge­mei­ne Be­ra­tung und Un­ter­stüt­zung der El­tern

Un­ab­hän­gig von ei­nem fa­mi­li­en­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren kön­nen sich die El­tern und äl­te­re Kin­der bei Kon­flik­ten über die Aus­übung der el­ter­li­chen Sor­ge und der Aus­ge­stal­tung des Um­gangs sich an das Ju­gend­amt so­wie Er­zie­hungs- und Fa­mi­li­en­be­ra­tungs­stel­len wen­den. Die­se be­ra­ten und un­ter­stüt­zen dann bei der Kon­flikt­lö­sung und ver­su­chen zwi­schen den Fa­mi­li­en­mit­glie­dern zu ver­mit­teln. Die In­an­spruch­nah­me von Be­ra­tungs- und Un­ter­stüt­zungs­an­ge­bo­ten ist kos­ten­frei mög­lich (§ 17 SGB VIII ).

Aus­führ­li­che In­for­ma­tio­nen zur Tren­nungs­be­ra­tung fin­den Sie hier:

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Ein Mann mit Brille hält ein Klemmbrett auf dem "Jugendamt" zu lesen ist.

Das Jugendamt hat vor allem eine beratende Funktion

Auf­ga­ben des Ju­gend­am­tes in Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren


Sei­ne Fach­kom­pe­tenz bringt das Ju­gend­amt auch in Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren ein. Das Ju­gend­amt wird vom Fa­mi­li­en­ge­richt an­ge­hört und häu­fig um ei­ne Stel­lung­nah­me ge­be­ten. Die­se wird an das Ge­richt ent­we­der schrift­lich über­mit­telt oder münd­lich bei ei­nem Ver­hand­lungs­ter­min ge­äu­ßert. Die El­tern ha­ben die Mög­lich­keit, dem Ge­richt mit­zu­tei­len, falls sie et­was an­ders se­hen als das Ju­gend­amt. Im Ge­richts­ver­fah­ren ist das Ju­gend­amt selb­ststän­dig tä­tig und nicht an An­ord­nun­gen des Fa­mi­li­en­ge­richts ge­bun­den. Das Ge­richt muss das Ju­gend­amt über Ge­richts­ter­mi­ne in­for­mie­ren und ihm al­le ge­richt­li­chen Ent­schei­dun­gen zu­kom­men las­sen. Nach Ab­schluss des Ver­fah­rens kann das Ju­gend­amt Be­schwer­de ge­gen die Ent­schei­dung des Ge­richts ein­le­gen (dies kommt al­ler­dings in der Pra­xis nur sehr sel­ten vor). Im Ver­fah­ren han­delt für das Ju­gend­amt ei­ne für den Fall zu­stän­di­ge Fach­kraft.

Mit­wir­kung des Ju­gend­am­tes in Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren

Die Mit­wir­kung des Ju­gend­am­tes in Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren be­deu­tet, dass das Ju­gend­amt ins­be­son­de­re…

  • über er­brach­te oder an­ge­bo­te­ne Er­zie­hungs­hil­fen und Leis­tun­gen be­rich­tet
  • das Ge­richt über den Stand des Be­ra­tungs­pro­zes­ses in­for­miert
  • auf wei­te­re mög­li­che Hil­fen wie psy­cho­lo­gi­sche oder psy­cho­the­ra­peu­ti­sche Leis­tun­gen hin­weist
  • das Ge­richt mit sei­nen so­zi­al­päd­ago­gi­schen Kennt­nis­sen un­ter­stützt
Zu be­ach­ten ist, dass das Ju­gend­amt auch im ge­richt­li­chen Ver­fah­ren vor al­lem un­ter­stüt­zend und be­ra­tend wirkt und da­zu bei­trägt, den Kon­flikt zwi­schen den El­tern zu lö­sen.

Zu­sam­men­ar­beit mit den El­tern und dem Kind


Vor der Stel­lung­nah­me im Ge­richts­ver­fah­ren bit­tet das Ju­gend­amt die El­tern zu Ge­sprä­chen. Die Wahr­neh­mung der Ge­sprächs­ter­mi­ne ist nicht ver­pflich­tend, die­se sind aber ei­ne Chan­ce für die El­tern, die ei­ge­ne Sicht­wei­se dar­zu­stel­len und einen Ein­blick in die Si­tua­ti­on der Fa­mi­lie zu ge­ben. El­tern ha­ben bei den Ge­sprä­chen die Mög­lich­keit, ei­ge­ne wich­ti­ge Punk­te ein­zu­brin­gen und Fra­gen zu stel­len, wenn sie et­was nicht ver­stan­den ha­ben. Man­che El­tern füh­len sich woh­ler, wenn beim Ge­spräch ei­ne ver­trau­te Per­son da­bei ist, worum man na­tür­lich bit­ten darf.

Das Ju­gend­amt möch­te sich meist auch einen ei­ge­nen Ein­druck vom Kind ma­chen und da­zu mit ihm spre­chen. Es ist in der Re­gel sinn­voll, wenn die­se Ge­sprä­che oh­ne die El­tern statt­fin­den, da­mit das Kind sei­ne Sicht­wei­se frei schil­dern kann. Sie kön­nen sich aber na­tür­lich bei der Fach­kraft er­kun­di­gen, was bei den Ge­sprä­chen mit dem Ih­rem Kind be­spro­chen wer­den soll.

Bei den Ge­sprä­chen geht des Ju­gend­amts mit den El­tern kann es um fol­gen­de Fra­gen ge­hen…
  • wie der Kon­flikt ent­stan­den ist
  • wie es den Kin­dern aus Sicht der El­tern geht und was sie brau­chen
  • wie die Be­zie­hun­gen der Kin­der zu ei­nem selbst und zum an­de­ren El­tern­teil wahr­ge­nom­men wer­den
  • was die ei­ge­nen Vor­stel­lun­gen zur Lö­sung des Kon­flikts sind

Wann wird ein Sachverständigengutachten eingeholt?

Rol­le von Sach­ver­stän­di­gen in Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren

Sach­ver­stän­di­ge kön­nen dem Fa­mi­li­en­ge­richt hel­fen, den Sach­ver­halt zu er­mit­teln und zu be­ur­tei­len. Sie wer­den in schwie­ri­gen Fäl­len vom Ge­richt be­auf­tragt und sind, an­ders als das Ju­gend­amt, an An­ord­nun­gen des Ge­richts ge­bun­den. Sach­ver­stän­di­ge ha­ben be­stimm­te Fach­kennt­nis­se und Qua­li­fi­ka­tio­nen, et­wa Kennt­nis­se zur Ent­wick­lung von Kin­dern oder zur Er­zie­hungs­fä­hig­keit ei­nes El­tern­teils, über die das Ge­richt nicht ver­fügt. Die Er­stel­lung ei­nes Gut­ach­tens durch ei­nen Sach­ver­stän­di­gen ist sehr teu­er und er­höht da­her die von den El­tern zu tra­gen­den Kos­ten des Ver­fah­rens er­heb­lich. Die Kos­ten für ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten sind vom not­wen­di­gen Zeit­auf­wand für die Er­stel­lung des Gut­ach­tens ab­hän­gig. Je kom­pli­zier­ter und kon­flik­trei­cher der Fall ist, de­sto hö­her fal­len die Gut­ach­ten­kos­ten aus. Pro Ar­beits­stun­de be­trägt das Ho­no­rar ei­nes Sach­ver­stän­di­gen 120 €, hin­zu kom­men Aus­la­gen­pau­scha­len, die ge­setz­lich fest­ge­legt sind. In der Pra­xis be­we­gen sich Gut­ach­ter­kos­ten üb­li­cher­wei­se zwi­schen 4.000 € und 10.000 € (ab­hän­gig vom Ar­beits­auf­wand). Zu­dem wird das Ver­fah­ren durch die Er­stel­lung des Gut­ach­tens re­gel­mä­ßig län­ger dau­ern (min­des­tens 3 Mo­na­te, häu­fig so­gar noch län­ger).

Frau mit großer Lupe

Sachverständige bringen besondere Fachkenntnisse ins Verfahren ein

Be­auf­tra­gung durch Fa­mi­li­en­ge­richt

Das Fa­mi­li­en­ge­richt legt im Be­weis­be­schluss kon­kre­te Fra­gen fest, de­nen der Sach­ver­stän­di­ge in sei­nem Gut­ach­ten nach­ge­hen soll. In ei­nem Kon­flikt über die el­ter­li­che Sor­ge oder die Aus­ge­stal­tung des Um­gangs sind dies ty­pi­scher­wei­se Fra­gen …

  • zu den fa­mi­li­ären Be­zie­hun­gen und Bin­dun­gen des ge­mein­sa­men Kin­des
  • zur Er­zie­hungs­fä­hig­keit und Ko­ope­ra­ti­ons­be­reit­schaft bei­der El­tern oder ei­nes El­tern­teils
  • zum Ent­wick­lungs­stand und zu den Be­dürf­nis­sen des Kin­des
Be­gut­ach­tung durch Sach­ver­stän­di­ge

Das Fa­mi­li­en­ge­richt legt fest, mit wel­chen Per­so­nen der Sach­ver­stän­di­ge für die Er­stel­lung des Gut­ach­tens spre­chen soll. Ne­ben den El­tern und dem Kind kön­nen dies auch Drit­te, bei­spiels­wei­se die Groß­el­tern, sein. Sach­ver­stän­di­ge dür­fen in ih­rer Be­gut­ach­tung nicht über den kon­kre­ten Auf­trag des Ge­richts hin­aus ge­hen. Al­ler­dings kann das Ge­richt in Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren dem Sach­ver­stän­di­gen zu­sätz­lich zur Er­stel­lung des Gut­ach­tens den Auf­trag er­tei­len, auf ei­ne Ei­ni­gung der El­tern hin­zu­wir­ken.

Das Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten

Das Gut­ach­ten wird in der Re­gel schrift­lich er­stellt und vor­ge­legt. Oft wird das Gut­ach­ten auch im münd­li­chen Ter­min vor Ge­richt be­spro­chen, so dass die El­tern Fra­gen da­zu stel­len kön­nen. Sach­ver­stän­di­ge müs­sen ih­re Gut­ach­ten ver­ständ­lich, nach­prüf­bar und trans­pa­rent ge­stal­ten. Im Gut­ach­ten muss auch klar zwi­schen der Dar­stel­lung des Sach­ver­halts und den An­ga­ben der El­tern so­wie der Be­wer­tung und In­ter­pre­ta­ti­on der In­for­ma­tio­nen durch den Sach­ver­stän­di­gen ge­trennt wer­den. Das Fa­mi­li­en­ge­richt wür­digt das Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten kri­tisch und trifft dann ei­ne ei­ge­ne Ent­schei­dung, die ganz oder teil­wei­se vom Gut­ach­ten ab­wei­chen kann. Ei­ne sol­che Ab­wei­chung muss al­ler­dings gut be­grün­det sein.

Rech­te der El­tern

Als El­tern ha­ben Sie bei der Be­auf­tra­gung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen in Sor­ge- und Um­gangs­ver­fah­ren fol­gen­de Rech­te...

 

  • Die Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens kön­nen Sie selbst beim Ge­richt an­re­gen.
  • Zur Ein­set­zung des Sach­ver­stän­di­gen und zum Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten selbst kön­nen Sie Stel­lung neh­men.
  • Ih­re Mit­wir­kung bei ei­ner Be­gut­ach­tung ist frei­wil­lig. Da­her müs­sen Sie auch nicht mit dem Sach­ver­stän­di­gen re­den. Das Ge­spräch mit dem Sach­ver­stän­di­gen ist häu­fig je­doch sinn­voll, um die ei­ge­ne Sicht­wei­se ein­brin­gen zu kön­nen. Zu­dem kann der Sach­ver­stän­di­ge bei Ih­rer ge­richt­li­chen An­hö­rung da­bei sein und aus Ih­ren Äu­ße­run­gen und Ih­rem Ver­hal­ten Er­kennt­nis­se ge­win­nen.
  • Bei Ge­sprä­chen des Sach­ver­stän­di­gen mit Fach­per­so­nen wie Lehr­per­so­nal müs­sen die­se zu­vor durch Sie als sor­ge­be­rech­tig­te El­tern von ih­rer Schwei­ge­pflicht ent­bun­den wer­den.
  • Sach­ver­stän­di­ge kön­nen bei Be­fan­gen­heit ab­ge­lehnt wer­den. Da­her kön­nen Sie einen An­trag auf Ab­leh­nung beim Fa­mi­li­en­ge­richt stel­len, wenn Sie der Mei­nung sind, dass der Sach­ver­stän­di­ge par­tei­isch ist.

Quellen & Links

Mehr zum The­ma

Hier fin­den Sie In­for­ma­tio­nen zu Quel­len der In­hal­te die­ser Sei­te und Links zu ver­tie­fen­den In­for­ma­tio­nen.

Als Quel­len wur­den un­ter an­de­rem ver­wen­det:

Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten (2019). Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht. Deutscher Psychologen Verlag GmbH.

Bal­loff, R. (2022). Kin­der vor dem Fa­mi­li­en­ge­richt. Pra­xis­hand­buch zum Schutz des Kin­des­wohls un­ter recht­li­chen, psy­cho­lo­gi­schen und päd­ago­gi­schen Aspek­ten. No­mos.

Gar­be, R., Oel­kers, H., Diehl, G., Gra­bow, C. (2019). Pra­xis­hand­buch Fa­mi­li­en­sa­chen. Deub­ner Ver­lag.

Mu­sie­lak, H.-J., Borth, H. (2018). Fa­mi­li­en­ge­richt­li­ches Ver­fah­ren. Vah­len.

Prenz­low, R. (2016). Hand­buch. El­ter­li­che Sor­ge und Um­gang. Päd­ago­gi­sche, psy­cho­lo­gi­sche und recht­li­che Aspek­te. Re­gu­vis.

Wich­ti­ge Ge­richts­ent­schei­dun­gen: 

OLG Frankfurt a.M. 10.3.2016 – 7 WF 15/16 (Auf­ga­ben ei­nes Sach­ver­stän­di­gen in Um­gangs­ver­fah­ren)

KG Berlin 19.2.2014 – 17 UF 5/14 (An­for­de­run­gen an die Ar­beit ei­nes Ver­fah­rens­bei­stands)

Broschüre des Bundesministeriums der Justiz zu Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe (Stand: 2023)

Bei der Su­che nach ei­ner ge­eig­ne­ten an­walt­li­chen Ver­tre­tung hel­fen Ih­nen die Sei­ten der lo­ka­len Rechts­an­walts­kam­mern wei­ter­.

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