Wahl des Betreuungsmodells
aktualisiert am 31.01.24 von Dr. Ulrike Lux und Dr. Janin Zimmermann Entwicklungs- und Familienpsychologie, Ludwig-Maximilians-Universität München
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Hier finden Sie Anworten auf die folgenden Fragen:
- Welche Betreuungsmodelle gibt es?
- Welche Kriterien spielen bei der Wahl eines Betreuungsmodells eine Rolle?
Welche Betreuungsmodelle gibt es?
Alle Eltern müssen sich nach einer Trennung entscheiden, wie sie die Betreuung ihrer Kinder in Zukunft aufteilen wollen. Es gibt verschiedene Modelle, wie Eltern die gemeinsame Betreuung gestalten können. Diese bezeichnet man als Residenzmodell, Wechselmodell und Nestmodell.
Video 1: Vier Familien - Drei Betreuungsmodelle
In diesem Video erfahren Sie, welche Betreuungsmodelle es gibt.
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Vier Familien - Drei Betreuungsmodelle
Das Ehepaar Müller-Rossi hat sich getrennt. Sie stehen nun vor der Frage, wie sie ab sofort die Betreuung ihres gemeinsamen Kindes Toni regeln wollen.
Damit sie sich gut entscheiden können, erkundigen sie sich bei drei anderen Trennungsfamilien, wie diese das machen.
Als erstes sprechen sie mit Familie Jones. Sarah Jones erzählt, dass sie und ihre Ex-Frau Kim ihren Sohn Jason im sogenannten Wechselmodell betreuen. Er ist immer im Wechsel mal eine Woche bei ihr oder bei Kim.
Wie oft Kinder zwischen den Eltern hin- und herwechseln, regelt jede Familie unterschiedlich. Viele Familien entscheiden sich für einen wöchentlichen Wechsel.
Als nächstes spricht Familie Müller-Rossi mit Familie Abadi. Frau Abadi erzählt, dass sie sich für das Residenzmodell entschieden haben.
Ihre Kinder Amir und Yasmin wohnen hauptsächlich bei ihr und sehen ihren Papa alle zwei Wochen am Wochenende.
Der wesentliche Unterschied zum Wechselmodell ist, dass die Kinder die meiste Zeit bei einem Elternteil leben und den anderen Elternteil regelmäßig besuchen.
Natürlich gibt es auch viele Abstufungen zwischen Residenz- und Wechselmodell. Manche Kinder verbringen zum Beispiel ein Drittel der Zeit beim einen Elternteil und zwei Drittel beim anderen.
Zuletzt berichtet Familie Topic Familie Müller-Rossi über ihr Nestmodell. Sie erzählen, dass sie seit der Trennung sogar drei Wohnungen haben.
In dem Haus, in dem sie vor der Trennung zusammen als Familie gewohnt haben, wohnen ihre Kinder Jano und Iva auch weiterhin. Sie und der Vater wohnen abwechselnd im Haus, um die Kinder zu betreuen.
Familie Müller-Rossi hat nun schonmal einen guten Überblick bekommen, welche Modelle es für die Betreuung von Kinder nach einer Trennung gibt. Nämlich das Wechselmodell, das Residenzmodell und das Nestmodell.
Welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Betreuungsmodelle für Eltern haben, erfahren Sie im nächsten Video.
Residenzmodell
Beim Residenzmodell lebt das Kind hauptsächlich bei einem Elternteil, während der getrenntlebende Elternteil Umgangskontakte mit dem Kind pflegt. Wie häufig und in welchem Umfang die Kontakte mit dem anderen Elternteil stattfinden, unterscheidet sich von Familie zu Familie. Häufig übernachtet das Kind jedes zweite Wochenende von Freitag bis Sonntag beim getrenntlebenden Elternteil, aber auch seltenere Kontakte oder häufigere Übernachtungen sind möglich. Die restliche Zeit hat das Kind seinen Lebensmittelpunkt beim sogenannten hauptbetreuenden Elternteil. Dieses Betreuungsmodell kommt in Deutschland am häufigsten vor.
Wechselmodell
In der Wissenschaft und in einigen anderen Ländern spricht man häufig bereits von einem Wechselmodell, dem sogenannten asymmetrischen Wechselmodell, wenn das Kind mindestens ein Drittel der Zeit bei einem Elternteil lebt. In Deutschland spricht man hier auch vom Residenzmodell mit erweitertem Umgang. Im Alltag von Familien, in denen die Eltern sich die Betreuungszeiten miteinander aufteilen, sind die Grenzen zwischen dem Residenzmodell und dem Wechselmodell fließend. In der gesetzlichen Regelung des Kindesunterhalts spiegelt sich dieser fließende Übergang allerdings nicht wider. Zwar gibt es für das Wechselmodell mit gleichen Betreuungszeiten besondere Regelungen, erweiterte Umgangskontakte werden jedoch nicht hinreichend berücksichtigt.
Nestmodell
Vom Residenzmodell und vom Wechselmodell unterscheidet sich das Nestmodell dadurch, dass nicht die Kinder zwischen beiden Eltern hin- und herwechseln, sondern die Eltern abwechselnd bei den Kindern wohnen. Wie bei einer Vogelfamilie – daher der Name – bleiben die Kinder immer am selben Wohnort, z. B. in der ehemaligen Familienwohnung. Die Eltern „fliegen“ ein, wechseln sich also in der Betreuung der Kinder am Wohnort der Kinder ab, haben aber gleichzeitig noch einen weiteren Wohnort, an dem sie sich aufhalten, wenn der andere Elternteil bei den Kindern ist. Ob die Eltern sich die Betreuung annähernd gleich aufteilen oder einer der beiden Eltern hier die Hauptbetreuung übernimmt, ist durch den Namen Nestmodell nicht festgelegt.
In der Praxis kommt das Nestmodell insgesamt selten vor – meist wird es als Übergangslösung gelebt, bis die Eltern eine andere Lösung für die Betreuung der Kinder gefunden haben. Für viele Eltern ist die Vorstellung eines regelmäßigen Wechsels des Lebensmittelpunkts anstrengend. Interessant ist, dass es vielen Kindern im Residenz- oder Wechselmodell nicht anders geht.
Im Bereich „Trennung rechtlich durchdenken“ finden Sie Informationen, welche rechtlichen und finanziellen Folgen mit der Wahl des Betreuungsmodells verbunden sind und wie sich der Umfang der Mitbetreuung finanziell auswirken kann.
Welche Kriterien spielen bei der Wahl eines Betreuungsmodells eine Rolle?
Video 2: Vor- und Nachteile aus Sicht der Eltern
Welche Vor- und Nachteile die Modelle aus der Sicht von Eltern haben, erfahren Sie in diesem Video.
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Vier Familien – Drei Betreuungsmodelle: Vor- und Nachteile aus Sicht der Eltern
Das Ehepaar Müller-Rossi hat für die Betreuung von Toni das Nest-, das Wechsel- und das Residenzmodell kennengelernt. Nun fragen sie die anderen Trennungsfamilien nach den Vor- und Nachteilen der Modelle.
Zuerst erzählt Frau Jones, dass das Wechselmodell für sie und ihre Ex-Frau die perfekte Lösung war. Sie wollten Jason möglichst viel sehen, aber auch genug Zeit für ihre Arbeit haben.
Außerdem wohnen die Eltern nicht weit voneinander entfernt. So müssen sie keine weiten Strecken fahren, um Jason in die Schule, zu Freunden oder zum Fußball zu fahren.
Trotzdem ist es für Kim auch anstrengend. Als Eltern müssen sie sich dauernd absprechen und einigen. Das ist gar nicht so einfach, wenn man kein Paar mehr ist.
Es hilft aber, dass sie sich trotz Trennung verstehen und in Erziehungsfragen grundsätzlich übereinstimmen.
Dadurch können sie Unterhaltsfragen gut miteinander klären und die Wünsche von Jason einbeziehen.
Herr Abadi erzählt, dass er unter der Woche häufig Nachtschicht hat. Es ist für ihn ganz ok, wenn die Kinder die meiste Zeit bei ihrer Mutter sind, die nur an zwei Tagen in der Woche arbeitet.
Er findet es zwar schade, dass er seine Kinder nicht häufiger sehen kann und viel von ihrem Alltag verpasst. Für die Eltern ist das Residenzmodell aber einfach am praktischsten.
Jeder Elternteil verbringt damit so viel Zeit mit Yasmin und Amir, wie möglich. Außerdem haben er und seine Ex-Frau sehr unterschiedliche Ansichten, da ist es gut, dass sie sich nicht so viel absprechen müssen.
Frau Topic meint, ihnen war es wichtig, dass ihre Kinder weiterhin im gemeinsamen Haus sein können, wo sie sich wohl fühlen. Deswegen findet sie das Nestmodell sehr gut.
Wegen der 3 Haushalte haben sie zwar hohe Wohnkosten, dafür brauchen sie für die Kinder aber keine doppelte Ausstattung oder doppelte Kinderzimmer wie andere Trennungsfamilien.
Obwohl der Wechsel zwischen den Wohnungen mit mehr Aufwand für die Eltern verbunden ist, fällt viel Organisationsaufwand bei der Betreuung der Kinder weg.
Wie stark man in Erziehungsfragen übereinstimmt, die Bereitschaft zu kommunizieren, die räumliche Nähe und die zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten beider Elternteile sind wichtige Punkte bei der Wahl eines Betreuungsmodells.
Aber auch das Alter und, was Kinder wollen, ist wichtig, selbst wenn sie das nicht immer genau sagen können.
Im nächsten Video erfahren Sie, welche Vor- und Nachteile die Modelle für Kinder haben.
Video 3: Die Sicht der Kinder
Erfahren Sie in diesem Video mehr zu den Vor- und Nachteilen der Modelle aus Sicht der Kinder.
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Vier Familien – Drei Betreuungsmodelle: Die Sicht der Kinder
Das Ehepaar Müller-Rossi hat bis jetzt einiges über verschiedene Betreuungsmodelle erfahren und sich die Meinung von anderen getrennten Eltern zu Vor- und Nachteilen eingeholt.
Für sie ist es auch besonders wichtig, ein Modell zu finden, mit dem Toni sich wohl fühlt. Daher würden sie nun gerne wissen, wie es den anderen Kindern damit geht.
Jason Jones ist 9 Jahre alt und geht in die 3. Klasse. Er findet es nicht schlimm, dass er jede Woche von einem Elternteil zum anderen wechseln muss, auch wenn das Rucksack packen etwas nervt.
Weil die Eltern nicht weit weg voneinander wohnen, kann sich Jason mit seinen Freunden treffen, egal bei wem er gerade ist. Und er findet es auch toll, dass er gleich viel Zeit mit seinen Eltern verbringen kann.
Manchmal vermisst er den jeweils anderen Elternteil oder ärgert sich, dass er sein aktuelles Lieblingsspiel vergessen hat. Aber es dauert ja nie lange, bis er wieder wechselt.
Achtung! Besonders Kleinkinder brauchen oft noch mehr Routinen und Sicherheit. Daher sollten Eltern beim Wechselmodell genau planen und überlegen, wie viele Übernachtungen bei welchem Elternteil gut für das Kind sind.
Familie Abadis Kinder Amir und Yasmin sind 3 und 6 Jahre alt. Sie mögen es, dass Mama sie immer vom Kindergarten abholen kommt und oft nachmittags Zeit hat, mit ihnen zu spielen.
Vor allem Yasmin ist manchmal ganz schön traurig, dass Papa nicht mehr bei ihnen wohnt und sie ihn nur jedes zweite Wochenende sieht.
Deswegen rufen die Kinder Papa dann öfter an und überlegen, was sie beim nächsten Mal alles Schönes machen können.
Die 12-jährige Iva Topic findet es super, dass sie durch das Nestmodell nicht immer ihre Sachen packen und die Wohnung wechseln muss und Mama und Papa trotzdem regelmäßig sehen kann.
Auch Jano findet es gut, dass er seine Freunde sehen kann, egal ob gerade „Mama-„ oder „Papa-Woche“ ist.
Für Iva ist es irgendwie komisch, dass die Mama noch ein anderes zu Hause hat, das sie gar nicht richtig kennt.
Ihr Bruder Jano findet das nicht schlimm: Er ist froh, dass er nicht zur neuen Familie seines Papas muss, sondern dass er zu ihm kommt.
Insgesamt sollten Eltern das Alter der Kinder, ihre Persönlichkeit und Wünsche bei der Wahl des richtigen Betreuungsmodells berücksichtigen.
Wie wird sich Familie Müller-Rossi nun entscheiden? Das erfahren Sie im nächsten Video.
Video 4: Die Entscheidung
Welche Kriterien Familien bei einer Entscheidung für ein Modell einbeziehen können, wird in diesem Video gezeigt.
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Betreuungsmodelle: Die Entscheidung
Herr und Frau Müller-Rossi können sich jetzt nach den vielen Informationen über die unterschiedlichen Betreuungsmodelle Gedanken machen, welches Modell am Besten zu ihnen passt. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle.
Die eigene Wohnsituation und die Entfernung zwischen beiden Elternteilen sind wichtig. Aber auch wie viel beide arbeiten, d.h. wie viel Zeit sie für Toni haben und wie viel Geld ihnen zur Verfügung steht, muss berücksichtigt werden.
Herr Müller-Rossi wohnt seit der Trennung in einer Wohnung, in der Toni ein eigenes Zimmer hätte. Die Wohnung ist 20km von der Wohnung seiner Ex-Frau und von Tonis Schule entfernt, sodass er ihn meist fahren könnte.
Da beide möglichst viel Zeit mit Toni verbringen wollen, aber auch berufstätig sind, wäre eine gleiche Aufteilung der Betreuungszeiten für beide eine Entlastung.
Auch wenn sie sich vor der Trennung viel gestritten haben und sich jetzt lieber etwas aus dem Weg gehen würden, für Toni können sie sich zusammenreißen.
In der Erziehung von Toni waren sie sich eigentlich immer in vielen Punkten einig, sodass sie auch jetzt keine großen Probleme erwarten, wenn sie sich regelmäßig miteinander abstimmen müssen.
Beiden ist es vor allem aber wichtig, dass Toni sich mit dem Modell wohlfühlt und so fragen sie ihn, was er sich wünschen würde.
Er fände es super, wenn er beide häufig sehen kann und sich nicht entscheiden muss, bei wem er lieber ist.
Aber die Busfahrt zu Papa ist manchmal schon sehr lang und seine Freunde kann er dort auch seltener sehen.
Nun müssen die Eltern alle Informationen abwägen. Sie wissen, dass Toni bald in die Pubertät kommt und vielleicht keine Lust hat, jede Woche seinen Rucksack zu packen, so wie es im Wechselmodell der Fall wäre.
Aber im Residenzmodell würde Toni mit einem von beiden weniger Zeit verbringen und er könnte nicht beide gleich häufig sehen.
Das Nestmodell kommt für sie nicht in Frage, weil beide Elternteile keine drei Wohnungen bezahlen können.
Die Eltern kommen zum Schluss, dass das Wechselmodell zur Zeit am besten zu ihnen passt. Beide können sich gut vorstellen, Toni häufig zu betreuen und sich miteinander abzusprechen, und auch Toni wünscht es sich.
Die Eltern besprechen daher mit Toni, dass er ab sofort im Wechsel eine Woche bei Mama und die nächste bei Papa verbringt, um möglichst viel Zeit mit beiden zu haben.
Sie erklären Toni, dass er ihnen aber auch immer sagen kann, wenn er die Wechsel nicht mehr so gut findet. Das findet Toni super!
Auf die Umsetzung kommt es an
Kein Betreuungsmodell ist an sich gut oder schlecht für das Wohlergehen von Kindern – es kommt darauf an, wie es gelebt wird: Damit es Kindern gut geht, sind sie darauf angewiesen, dass sie Sicherheit und Stabilität – auch in der Beziehung zu ihren Eltern – erfahren. In der Trennungssituation gilt dies umso mehr. Das heißt, sie sollten sich darauf verlassen können, dass Umgänge wie geplant stattfinden und Versprechen eingehalten werden. Diese Planungssicherheit erleichtert auch die Kooperation zwischen den Eltern.
Ebenso wichtig ist es, dass Eltern es schaffen, mögliche Konflikte mit dem anderen Elternteil und starke negative Gefühle ihr bzw. ihm gegenüber von den Kindern fernzuhalten und sich bei Bedarf Unterstützung zu suchen. Nur so gelingt es Kindern, eine gute Beziehung zu beiden Elternteilen aufrechtzuerhalten. Die Beziehungen zu ihren Eltern sind wichtig, damit sich Kinder gut entwickeln können.
Eine gute Beziehung lässt sich jedoch nicht alleine dadurch herstellen, dass beide Eltern gleich viel Zeit mit dem Kind verbringen; und auch die hauptsächliche Betreuung durch die Mutter garantiert nicht, dass sich Kinder positiv entwickeln. Auch hier kommt es darauf an, wie das restliche Leben und Aufwachsen von Kindern gestaltet ist.
Einschätzungshilfe zur Wahl eines Betreuungsmodells
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Kriterien für die Entscheidung
Im Folgenden finden Sie eine Auflistung wichtiger Merkmale, die Sie bei Ihrer Entscheidung in Betracht ziehen können.
Finanzielle (und Wohn-)Situation
Finanz-/Wohnsituation
Für viele Eltern ist die Trennung damit verbunden, dass sie weniger Geld zur Verfügung haben, weil sie beispielsweise nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt leben. Ob beide Eltern die Möglichkeit haben, ihren Kindern nach der Trennung nicht nur ein Bett, sondern beispielsweise auch einen Spielbereich, bei Schulkindern einen Schreibtisch, Kleidung und Spielsachen, zur Verfügung zu stellen, kann die Wahl des Betreuungsmodells beeinflussen.
Beim Wechselmodell wäre es wünschenswert, wenn die Kinder bei beiden Elternteilen eine solche Ausstattung vorfinden, im Residenzmodell verbringen sie den Alltag meist ohnehin nur bei einem Elternteil. Beim Nestmodell stellt sich die Situation anders dar: Hier braucht es für die Kinder nur eine Ausstattung. Hier benötigen jedoch die Eltern jeweils eine zusätzliche Wohnmöglichkeit, was insgesamt höhere finanzielle Belastungen zur Folge haben kann.
Finanzen
Wohndistanz zwischen beiden Eltern
Bei der Entscheidung zwischen Residenz- und Wechselmodell spielt die Distanz zwischen den Wohnungen der Eltern eine Rolle. Der finanzielle und organisatorische Aufwand erhöht sich umso mehr, je weiter beide Eltern voneinander entfernt wohnen. Wenn Eltern sich trotz großer Distanz für ein Wechselmodell entscheiden, müssen die Kinder entweder beim einen oder beim anderen Elternteil im Alltag weite Wege zum Kindergarten und zur Schule auf sich nehmen. Dies kann für die Kinder auf Dauer sehr anstrengend sein. Zudem kann es für die Kinder schwierig sein, mit ihren Freundinnen und Freunden Kontakt zu halten oder an regelmäßigen Freizeitangeboten teilzunehmen. Es ist somit empfehlenswert, die jetzige oder zukünftige Wohnentfernung zwischen beiden Elternteilen bei der Wahl des Betreuungsmodells einzubeziehen, sodass die Bedürfnisse ihrer Kinder etwa nach Treffen mit Freundinnen und Freunden, Ausübung von Hobbies, Zeit zum Lernen und Entspannung ausreichend berücksichtig werden können.
Arbeitssituation und familienfreundliche Arbeitsbedingungen
Home Office
Das Wechselmodell wird von Familien häufiger gewählt, wenn beide Eltern einer Vollzeittätigkeit nachgehen, und eher seltener, wenn ein oder beide Elternteile häufiger am Wochenende und abends arbeiten müssen oder lange Wegezeiten bis zur Arbeitsstätte haben. Flexible und familienfreundliche Arbeitsbedingungen sind also ein wichtiger Faktor bei der Wahl des Betreuungsmodells. Es sollte den Eltern beispielsweise möglich sein, ihr Kind rechtzeitig aus dem Kindergarten oder der Schule abzuholen und bei Krankheit spontan verfügbar zu sein. Sind diese Bedingungen nicht gegeben, ist dies mit einem erhöhten Organisationsaufwand für die Eltern verbunden. Besonders Eltern, die weniger gut miteinander auskommen, sollten für den damit einhergehenden größeren Bedarf an Absprachen Unterstützung in Anspruch nehmen.
Alter der Kinder
Je nach Alter haben Kinder unterschiedliche Wünsche und Bedürfnisse. Noch mehr als ältere Kinder sind Babys und Kleinkinder auf eine stabile Umgebung bei ihren wichtigsten Bezugspersonen angewiesen und bauen die Beziehungen zu beiden Eltern gerade erst auf. Sie reagieren sensibel auf Veränderungen und können vorübergehende Trennungen von ihren Hauptbezugspersonen als belastend erleben. In dieser Phase wird am häufigsten das Residenzmodell gewählt. Möchten Eltern auch in diesem Alter die Betreuung annähernd hälftig aufteilen, ist eine gelingende Kooperation zwischen den Eltern, aber auch eine gute Planung besonders wichtig ( Zusammenarbeit mit dem anderen Elternteil ). Die meisten Kinder, die im Wechselmodell leben, sind im Kindergarten- und Grundschulalter. Sie haben die nötigen Fähigkeiten dazu und sind meist gerne bereit, von einem Elternteil zum anderen zu wechseln, um möglichst viel (positive) Zeit mit beiden zu verbringen. Wenn Kinder ins Jugendalter kommen und Freizeit und Freundeskreis eine immer größere Bedeutung erlangen, sind sie oft weniger bereit, jede Woche ihren Rucksack zu packen oder lange Wege zu ihren Freundinnen und Freunden auf sich zu nehmen. Kinder und Jugendliche sollten deshalb nach ihren Wünschen gefragt werden.
Wünsche der Kinder
Auch wenn die kindlichen Wünsche nur ein Merkmal unter mehreren sind, die für die Entscheidung für ein Betreuungsmodell relevant sind, so ist es wichtig, ihre Wünsche in einem ruhigen Moment zu erfragen und zu berücksichtigen. Verständlicherweise möchten Kinder und Jugendliche in Entscheidungen einbezogen werden, die zentrale Bereiche ihres Lebens betreffen. Gerade bei Fragen, wie ein Betreuungsmodell umgesetzt werden soll, wer wann wo übernachtet, wie die Übergaben stattfinden oder ähnliches, haben Kinder und Jugendliche häufig gute und kreative Ideen. Wenn sie unbeeinflusst ihre Wünsche äußern können, kann dies zudem helfen, Konflikte zwischen den Eltern zu entschärfen.
Sie möchten mehr Informationen zum Einbezug der Wünsche der Kinder?
Wohlbefinden und Belastungen der Kinder
Ob und wie Eltern die Gesundheit und mögliche Belastungen des Wohlergehens ihrer Kinder in die Entscheidung über das Betreuungsmodell einbeziehen, ist bislang kaum bekannt. In jedem Fall sollten kindliche Persönlichkeitsmerkmale und Belastungen bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Bei ohnehin belasteten Kindern, die mit Veränderungen nicht gut zurechtkommen oder bei Kindern mit Entwicklungsstörungen kann daher ein Betreuungsmodell mit häufigen Wechseln zusätzlichen Stress bei Kindern verursachen.
Gleichzeitig hängt das kindliche Wohlbefinden auch stark davon ab, wie die Eltern in bestimmten Betreuungsmodellen kooperieren: Die bisherige Forschung zeigt, dass häufigere Kontakte zum getrennt lebenden Elternteil mit stärkeren Belastungen des kindlichen Wohlbefindens einhergehen, wenn die Eltern in starke Konflikte verwickelt sind. Hier ist es notwendig, dass Eltern die Bewältigung bestehender Konflikte mittels Beratung oder anderer geeigneter Interventionen angehen, damit die Kinder mit beiden Elternteilen eine positive Zeit verbringen können.
Belastetes Kind
Situation vor der Trennung
Arbeitsteilung
Für viele Familien verändert sich die Situation nach der Trennung sehr. So bietet die Trennung häufig Anlass, noch einmal neu zu überlegen, wie das eigene Leben und die Beziehung zu den Kindern gestaltet werden soll, wenn man nicht mehr mit dem anderen Elternteil zusammen ist. Auch wenn hier also durchaus Veränderungen möglich sind, belegen bisherige Erkenntnisse aus der Forschung, dass Familien wahrscheinlicher das Wechselmodell wählen, wenn beide Eltern vor der Trennung stärker in die Betreuung und Erziehung der Kinder eingebunden waren. Häufig ist dies dann besser möglich, wenn die Eltern unter familienfreundlichen Arbeitsbedingungen arbeiten und die Arbeitsteilung zwischen den Eltern auch vor der Trennung eher gleich verteilt war. Möchten getrennt lebende Eltern nach der Trennung intensiver als vorher in die Betreuung eingebunden sein, ist es nicht nur, aber besonders bei jungen Kindern wichtig, dass diese Veränderung gut durch die Hauptbetreuungsperson begleitet wird. Auch deshalb ist die Kooperation zwischen Eltern so wichtig.
Kooperationsbereitschaft zwischen den Eltern
Die überwiegende Mehrheit der Eltern, die ihre Kinder im Wechselmodell betreuen, tauscht sich regelmäßig – mindestens einmal pro Woche – über die kindlichen Belange aus. Sie kommen insgesamt eher gut miteinander aus und insbesondere Konflikte über die gemeinsame Erziehung treten seltener auf als bei getrennten Eltern im Residenzmodell. Zwar gibt es auch Familien im Wechselmodell, bei denen Eltern nicht kommunizieren und sehr viele Konflikte haben, jedoch macht das die Gestaltung einer gleichwertigen Betreuung sehr herausforderungsreich. Möchte einer oder beide Eltern trotz starker elterlicher Konflikte die gemeinsamen Kinder im Wechselmodell betreuen, muss es das erklärte Ziel sein, die Konflikte zu reduzieren. Zwar ist eine gute Eltern-Kind-Beziehung auch bei solch starken Konflikten zwischen den Eltern sehr wertvoll, jedoch können viele Konflikte die positiven Auswirkungen einer solchen guten Eltern-Kind-Beziehung angreifen.
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Neue Partnerschaft eines Elternteils
Mit einer neuen Partnerschaft verändern sich häufig die Bedingungen des Zusammenlebens als Familie, sodass auch Betreuungsmodelle oft auf den Prüfstand gestellt werden. Bisher gibt es keine einheitlichen Erkenntnisse aus der Forschung dazu, ob ein bestimmtes Betreuungsmodell häufiger gewählt wird, wenn sich Eltern in einer neuen Partnerschaft befinden, oder ob sich dann die Betreuungsmodelle verändern. Unabhängig vom gewählten Modell sind Eltern jedoch häufig überrascht über den nun größeren organisatorischen Aufwand, wenn bei der Regelung von Ferien- und Betreuungszeiten die Arbeitssituationen von drei oder vier Erwachsenen berücksichtigt werden müssen.
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Quellen
Mehr zum Thema
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Quellen
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Mahrer , N. E., O’Hara, K. L., Sandler, I. N., & Wolchik , S. A. (2018). Does shared parenting help or hurt children in high conflict divorced families?. Journal of Divorce & Remarriage, 59(4), 324 347.
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