Begleiteter Umgang
aktualisiert am 31.01.24 von Stefanie Amberg, Martina Gartenhof, Dr. Janin Zimmermann Entwicklungs- und Familienpsychologie, Ludwig-Maximilians-Universität München
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Hier finden Sie Anworten auf die folgenden Fragen:
- Was ist begleiteter Umgang?
- In welchen Situationen kann begleiteter Umgang sinnvoll sein?
- Wie läuft ein begleiteter Umgang ab?
Was ist begleiteter Umgang?
In bestimmten Fällen ist der Umgang eines Kindes mit seinem getrenntlebenden Elternteil nur in Anwesenheit einer dritten Person möglich, die den Umgang bzw. die Kontakte begleitet. Der begleitete Umgang kann Eltern bei Trennung und Scheidung z. B. darin unterstützen, nach einer längeren Pause den Kontakt zum Kind wiederaufzunehmen, die Eltern-Kind-Beziehung (neu) anzubahnen und die Kontakte zum Wohl des Kindes zu gestalten. Ziel ist es, eine tragfähige Vereinbarung zwischen den Eltern zu erarbeiten und einen für das Kind unbelasteten Umgang mit dem getrenntlebenden Elternteil ohne Begleitperson zu ermöglichen.
Begleiteter Umgang
Warum kann begleiteter Umgang für Kinder wichtig sein?
Für Eltern ist es manchmal nicht leicht zu verstehen, wieso es sinnvoll sein kann, dass nach einer längeren Trennung vom Kind der Umgang von einer dritten Person begleitet werden soll. In ihrer Wahrnehmung hat die Beziehung zu ihrem Kind immer weiterbestanden. Für Kinder kann sich dies aber anders anfühlen, vor allem, wenn die Kinder bei der Trennung noch im Säuglings- oder Kleinkindalter waren, die Kontaktpause sehr lang war oder die Kinder zuvor negative Erfahrungen mit dem getrenntlebenden Elternteil gemacht haben. Kinder müssen dann erst einmal wieder Vertrauen zum Elternteil aufbauen.
Mögliche Ängste und Verunsicherungen können bei Kindern durch begleiteten Umgang häufig verringert werden. Ein Gefühl von emotionaler Sicherheit hilft Kindern dabei, langfristig (wieder) eine positive Beziehung zum Elternteil aufzubauen. Deshalb kann es wichtig sein, sich in die Lage des Kindes hineinzuversetzen und sich auf den begleiteten Umgang einzulassen, selbst wenn dies für einen selbst mit schmerzlichen Einschränkungen verbunden sein kann.
Wie erleben Kinder begleitete Kontakte?
Viele Eltern habe Bedenken, dass sich ihre Kinder aufgrund der Begleitung beim Kontakt nicht wohlfühlen könnten. Tatsächlich kann es bei älteren Kindern und Jugendlichen manchmal vorkommen, dass sie die Situation als unangenehm empfinden. Jüngere Kinder können dies oft leichter annehmen.
Kindern hilft es, sich auf den begleiteten Umgang einzulassen,
- wenn sie eine altersgemäße Erklärung erhalten, warum die Begleitung (momentan) wichtig ist.
- wenn ihnen versichert wird, dass ihr Verhalten von der Begleitperson nicht beurteilt wird.
- wenn altersgemäße Beschäftigungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Begleitete Kontakte sind nicht für alle Kinder gleichermaßen gut geeignet. Manchmal müssen sie auch wieder abgebrochen werden, wenn Kinder belastet reagieren. Für viele Kinder, deren familiäre Situation aktuell belastet ist, kann (zeitweise) begleiteter Umgang allerdings eine Erleichterung und wichtige Unterstützung beim Aufbau oder Erhalt von Beziehungen zu beiden Elternteilen sein.
Warum kann begleiteter Umgang für Eltern wichtig sein?
Begleiteter Umgang soll nicht nur den Kindern, sondern auch den Eltern Sicherheit geben.
- Der umgangsberechtigte Elternteil kann unsicher sein, ob das Kind den Kontakt akzeptiert und möchte wissen, was dem Kind hierbei helfen kann. Er kann auf die Beobachtungen der begleitenden Person zurückgreifen und mit ihr besprechen, worauf Kinder positiv reagieren. Er kann sich hierzu auch schon vor den Kontakten beraten lassen.
- Der hauptbetreuende Elternteil kann in bestimmten Situationen besorgt sein, dass das Kind durch den Kontakt belastet wird. Deshalb ist es oft wichtig, auch den hauptbetreuenden Elternteil schon im Vorfeld der Kontakte zu beraten.
In welchen Situationen kann begleiteter Umgang sinnvoll sein?
Mögliche Gründe für begleiteten Umgang
Die folgenden Beispiele zeigen auf, in welchen Situationen er sinnvoll sein kann.
Beziehungsaufbau
Begleiteter Umgang kann sinnvoll sein, wenn Kind und Elternteil bisher noch keinen Kontakt zueinander hatten oder das Kind beim letzten Kontakt sehr jung war und keine Erinnerung an den Elternteil hat. Hier dient der begleitete Umgang dem Kontakt- und Beziehungsaufbau. Sowohl das Kind als auch der Elternteil müssen in solchen Situationen oft eine gewisse „Fremdheit“ überwinden. Die Eltern haben im begleiteten Umgang einen geschützten Raum, um das Kind und seine Bedürfnisse kennenzulernen. Zudem können sie erproben, wie sie möglichst gut auf die Kinder eingehen (Kompetenzaufbau).
Wiederanbahnung
Begleiteter Umgang kann sinnvoll sein, wenn nach längerer Kontaktpause (weil z. B. ein Elternteil nicht verfügbar war oder ein Elternteil oder das Kind Kontakte abgelehnt hat) der Kontakt wieder stattfinden und aufgebaut werden soll. Hierbei geht es oft auch darum, Ängste des betreuenden Elternteils um das Kind und eine Abwehrhaltung gegenüber dem anderen Elternteil abzubauen.
Konflikte der Eltern
Begleiteter Umgang kann sinnvoll sein, wenn ein Kontakt aufgrund eines massiven Elternkonflikts nur durch unabhängige Begleitung ermöglicht werden kann und eine gerichtliche Umgangsregelung umgesetzt werden soll. In diesen Fällen ist es für beide Eltern besonders wichtig, sich auf ergänzende Beratungsgespräche einzulassen, um Belastungen der Kinder zu vermeiden.
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Partnerschaftsgewalt
Begleiteter Umgang kann sinnvoll sein, wenn es zu körperlicher Gewalt, starken verbalen Angriffen und fortgesetzten Demütigungen zwischen den Eltern gekommen ist. Haben Kinder Gewalt miterlebt, sind sie oft stark verängstigt und belastet. Begleiteter Umgang kann in solchen Fällen den Schutz des Kindes während der Umgangskontakte gewährleisten und dem Kind sowie dem betreuenden Elternteil Sicherheit geben.
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Entführungsgefahr
Begleiteter Umgang kann sinnvoll sein, wenn die Gefahr besteht, dass der umgangsberechtigte Elternteil das Kind entführt und mit ihm „abtaucht“. Der begleitete Umgang bietet dem Kind einen sicheren Rahmen und schützt es vor einer möglichen Entführung. Auch wenn die Entführungsgefahr nicht (mehr) besteht, kann es manchmal sinnvoll sein, entsprechende Ängste des Kindes oder des betreuenden Elternteils zu respektieren und den begleiteten Umgang noch eine Weile fortzusetzen.
Verdacht auf Kindeswohlgefährdung
Wenn der Kontakt zu einem Elternteil mit Gefahren für das Wohl des Kindes verbunden ist, kann er nur in dem geschützten und sicheren Rahmen des begleiteten Umgangs stattfinden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn es durch einen Elternteil zu Gewalt gegenüber dem Kind gekommen ist oder diesbezüglich ein ernstzunehmender Verdacht besteht, oder wenn ein Elternteil Schwierigkeiten hat, sein Kind angemessen zu versorgen und zu beaufsichtigen. Außerdem können z. B. bei schweren psychischen Erkrankungen oder Suchterkrankung die Fähigkeiten von Eltern zur Betreuung ihres Kindes (zeitweise) stark eingeschränkt sein.
Das Wohlbefinden und die Sicherheit des Kindes stehen bei den Kontakten immer im Vordergrund. Es wird deshalb genau geprüft, ob und unter welchen Voraussetzungen begleiteter Umgang für ein Kind unbelastet umgesetzt werden kann.
Wie läuft ein begleiteter Umgang ab?
Wie wird ein begleiteter Umgang eingerichtet?
Der begleitete Umgang kann vom Familiengericht angeordnet werden. Er kann aber auch von den Eltern selbst veranlasst werden, indem sie sich an das Jugendamt oder an eine Beratungsstelle wenden. Ob bzw. in welcher Form ein begleiteter Umgang zur Unterstützung der Familie geeignet erscheint, wird durch vorherige Beratungsgespräche mit den Fachkräften abgeklärt. Das Wohlbefinden und die emotionale Entwicklung der Kinder stehen hierbei im Mittelpunkt. Manchmal bieten verschiedene Beratungsstellen in der Region unterschiedliche Konzepte an, sodass es sinnvoll sein kann, sich beim Jugendamt oder direkt bei den Stellen über die jeweiligen Angebote zu informieren. Abhängig vom jeweiligen Hilfeträger können auch Kosten auf den Elternteil, der Umgang sucht, oder beide Elternteile zukommen.
Informationsgespräch zum begleiteten Umgang
Gibt es unterschiedliche Arten von begleitetem Umgang?
Die Gestaltung des begleiteten Umgangs richtet sich nach den Bedürfnissen der Kinder und der Eltern. In den meisten Fälle finden mit der Fachkraft ergänzend zu den begleiteten Kontakten Elterngespräche mit einem oder beiden Elternteilen statt.
Übergabe des Kindes
Je nach Situationen können unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden:
- Wenn das Kind vor möglichen Gefahren beim Kontakt geschützt werden soll (z. B. bei Missbrauchsverdacht, Entführungsgefahr), wird besonders streng auf die durchgängige Anwesenheit der Umgangsbegleitung geachtet.
- Wenn das Ziel ist, dass die elterlichen Kompetenzen oder die Eltern-Kind-Beziehung gestärkt werden sollen, erhält der Elternteil beim begleiteten Umgang und den Elterngesprächen konkrete Tipps und Anregungen, wie er sich gut mit seinem Kind beschäftigen und auf dessen Bedürfnisse eingehen kann.
- Steht v. a. ein Schutz des Kindes vor dem Miterleben von Konflikten zwischen den Eltern im Mittelpunkt, kann beim begleiteten Umgang besonders darauf geachtet werden, dass die Eltern sich nicht abwertend über den jeweils anderen Elternteil äußern und lernen, das Kind nicht in die elterlichen Konflikte einzubeziehen. Zudem kommt den Elterngesprächen eine wesentliche Rolle zu, z. B. um Konflikte zu reduzieren oder eine einvernehmliche Umgangsregelungen für die Zukunft zu erarbeiten.
- Manchmal kann es für Kinder auch bereits eine hilfreiche Unterstützung sein, wenn nur die Übergaben fachlich begleitet werden und mit den Eltern schrittweise eingeübt wird, wie sie Übergaben für die Kinder positiver gestalten können.
Wie laufen die Termine beim begleiteten Umgang ab?
Der Ablauf der Termine ist nicht einheitlich geregelt. Eltern und Kinder können meist mitbestimmen, wie die Treffen ablaufen sollen. In der Regel treffen die Beratungsstellen mit den Eltern anfangs eine schriftliche Vereinbarung zu Grundregeln beim begleiteten Umgang (z. B. Pünktlichkeit, vorherige Absprache von Geschenken im Elterngespräch).
Vor dem ersten Kontakt lernt das Kind zunächst die Fachkraft (Umgangsbegleitung) sowie die Räumlichkeiten kennen. Um Konflikte zu vermeiden, können die Eltern anfangs zeitversetzt in der Beratungsstelle eintreffen. Langfristig sollen die Eltern allerdings darin unterstützt werden, die Umgangskontakte ohne fremde Hilfe durchzuführen, was ein Zusammentreffen der Eltern voraussetzt. Über eine Dauer von mehreren Monaten finden dann regelmäßig (z. B. wöchentlich) ein- bis zweistündige Treffen in Anwesenheit der Umgangsbegleitung statt. Bei jüngeren Kindern kann es anfangs zudem notwendig sein, dass der Elternteil, bei dem das Kind lebt, beim Umgang mit dabei ist oder zumindest in der Nähe bleibt
Kind, das Umgang ablehnt
Wann endet der begleitete Umgang?
Ziel ist, dass der begleitete Umgang mit selbstständigen Kontakten und einer Befriedung der Situation endet. Manchmal bleibt jedoch der Erfolg aus, und anhaltende Belastungen des Kindes durch die Umgangskontakte können es notwendig machen, den begleiteten Umgang abzubrechen. Gemeinsam mit dem Jugendamt, freien Jugendhilfeträgern und/oder dem Familiengericht wird dann in der Regel an einer anderen Lösung gearbeitet.
Unbegleiter Umgang
Quellen & Links
Mehr zum Thema
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Quellen
Klinkhammer, M. & Nagel-Prinz, S. M. (Hrsg.). (2017). Handbuch Begleiteter Umgang: Pädagogische, psychologische und rechtliche Aspekte (3., erweiterte und aktualisierte Auflage). Bundesanzeiger Verlag.
Thiel, P. (2003). Zwischen Hilfeleistung und Zwang: Begleiteter Umgang und Umgangspflegschaft: Indikationen, Möglichkeiten, Grenzen und Unterschiede zweier Interventionen. Das Jugendamt, 82(10), 449–453.
Weitere Informationen
Kontakte und Übergaben gestalten
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